CURRENT 93: The Moons At Your Door

Im Anfang war das Wort. So könnte man die Geschichte der Genese/der Genesis von Current 93 beginnen, denn obwohl längere Texte auf dem Frühwerk nur selten vorkamen und manchmal die Stimme nur ein Klang(mittel) unter anderen war, so spielte das Konzept(ionelle), der Logos schon immer eine dominierende Rolle – man denke nur an das musikalisch noch etwas unausgegorene 1983 erschienene 12′-Debüt „LAShTAL“.

Auf den letzten regulären Alben waren die Texte zu unglaublichen Konvoluten angeschwollen und als auf „I Am The Last Of All The Fields That Fell“ Antony „Mourned Winter Then“ vortrug und das Stück fast atemlos beendete, dann war das meines Erachtens zwar eine der beeindruckendsten Gesangsleistungen Antonys der letzten Jahre, zeigte aber gleichzeitig, dass diese Form der Texte/des Textens sich kaum noch für ein Songformat – wie aufgeweicht auch immer das bei Current 93 in den letzten Jahren (vor allem live) war- eignete.

Das neue Album „The Moons At Your Door“  soll die demnächst über Strange Attractor erscheinende von Tibet editierte Anthologie „seltsamer Geschichten“ gleichen Namens begleiten und entfernt sich von den auf die Stimme und (weitgehend) akustische Instrumente fixierten Arbeiten der letzten Jahre. Vielleicht wird der eine oder andere gar an die Ende der 90er/Anfang der 00er Jahre veröffentlichten „experimentelleren“ Alben denken (wenn man solch einen vagen Terminus verwenden will, der bei Current 93 vielleicht sowieso nur partiell greift): An die beiden Arbeiten mit Thomas Ligotti oder das auf Count Stenbocks „Faust“-Geschichte basierende Album.

Das Titelstück besteht aus Wellenrauschen, Möwenschreien, Schritten, die durch ein Kiesbett zu gehen scheinen, Klopfen, Donnergrollen, einer verzerrten Stimme, die u.a. „If you do not come to me, I will come to you“, „Look up there/The moon’s at your door“, „we are sent to choke you“ oder „choke yourself“ spricht, ein paar Effekte, nach 20 Minuten endet der Track. Mit Variationen des Tracktitels „There Is A Graveyard That Dwells In Man“ beginnt das zweite Stück, ganz im Hintergrund hört man  Drones, Stimmen (entfernt musste ich an das frühe Current 93-Stück „Christ’s First Howling“ denken), dann am Ende die letzten Minuten Störgeräusche und Fiepen. Die Feldaufnahmen wurden (von Tibet) in Hastings und (von Liles) in Venedig aufgenommen.

Wenn man demnächst das Buch gleichen Namens in den Händen hält, sich in die Geschichten von Thomas Ligotti, MR James, Arthur Machen oder aber Aleister Crowley (insgesamt finden sich 30 Kurzgeschichten) vertieft, dann kann man dieses Album sicherlich ganz gut als Soundtrack verwenden, der die Stimmung noch unbehaglicher macht, für sich allein funktioniert “The Moons At Your Door” nur bedingt. Dafür passiert (klanglich) etwas zu wenig und die einzelnen Elemente wirken manchmal etwas disparat. An die Ligottiarbeiten kommt „The Moons….“ also nicht heran. Viel eher sollte man das Album in die Gruppe kleinerer Arbeiten, wie z.B.  “Haunted Waves Moving Graves” oder “Who Is The Sufferer”  einordnen. (M.G.)

Label: The Spheres