MATS ERLANDSSON: Valentina Tereshkova

Das Schweigen der unendlichen Räume des Alls ließ schon Pascal erschau(d)ern und ein österreichischer Misanthrop setzte diese berühmten Worte aus den Pensées des Franzosen vor seinen Roman Verstörung. Hollywood hat sich in den letzten Jahren (wieder) vermehrt dem Weltraum zugewendet: Alfonso Cuarón hat mit Gravity dem Zuschauer zumindest kurzzeitig verdeutlicht, was man (auch) unter der Geworfenheit des Menschen verstehen kann, um dann allerdings durch das obligatorische (und wohl notwendige) against-all-odds happy ending Konsequenz vermissen zu lassen, Christopher Nolan lässt in Interstellar die Menschheit (bzw. Matthew McConaughey) nach einem neuen bewohnbaren Planeten suchen, und der „Marsianer“ Matt Damon darf sich auf dem roten Planeten als (An)Pflanzer versuchen – um ein paar relativ aktuelle Beispiele zu nennen.

Einige Dark Ambient-Vertreter lassen das All primär als Ort des Mysteriums (er)klingen, wo die Geometrie nichteuklidisch ist. Der Schwede Mats Erlandsson, der am Elektronmusikstudion in Stockholm arbeitet, wählt auf seinem Debüt einen anderen Ansatz und nimmt Valentina Tereshkova, die erste Frau im All, als Ausgangspunkt. Wobei es zum Zeitpunkt ihrer Reise natürlich nicht nur um das Verschieben von Grenzen und menschlichen Begrenzungen ging, sondern auch um die Frage nach dem besseren politischen System. Was bei allen sechs minimalistischen – dass Erlandsson auch Kammermusik komponiert, verwundet nicht – Stücken auffällt, ist wie inmitten des Schabens und Kratzens immer etwas wie die Andeutung einer Melodie zu finden ist. Das wird ganz besonders deutlich auf „Glances“, das die zweite Seite des Vinyls eröffnet und bei dem man fast den Eindruck hat, eine Geige spiele und begleite das Gnarzen. „Etterum“ besteht aus Kratzen und analoger Statik, „Ivory Towers“ lässt inmitten des Rauschens vielleicht einen Harmoniumdrone erahnen. Das letzte Stück des Albums „1671 Chaika“ ist vielleicht am melodischsten.

Man mag aus diesen reduzierten Stücken sicher so etwas wie ein Moment der Klaustrophobie herauslesen können – ein Gefühl, das der echten Valentina Tereshkova sicher nicht fremd war, wenn man bedenkt, wie klein und eng die Wostok, auf der sie drei Tage zubrachte, war. Viel eher noch aber klingen diese Stücke so, als sei die Kosmonautin angesichts ihres Fluges und der damit verbundenen Entfernung von ihrer Heimat von einer leichten Melancholie erfasst worden. (M.G.)

Label: Posh Isolation