SIEBEN: The Old Magic

Die alte Magie, die Matt Howden alias The Mighty Sieben auf seinem neuen Album heraufbeschwört, kommt ohne Brimborium aus und liegt versteckt an geheimen Orten, die er in den letzten zwei Jahren im weitverzweigten Norden Europas durchforstet hat – im Baltikum, in Skandinavien und nicht zuletzt in seiner eigenen britischen Heimat.

Versteckt und genügsam, ohne Drang und doch bereit, gefunden zu werden, ist auch die ganz eigene Magie von Howdens Musik. Die schönen, oft von einer leisen Melancholie durchzogenen Songs offenbaren erst beim genaueren Hinhören ihre unkonventionelle Machart aus gelooopten Motiven, die fast ausschließlich der Geige entstammen. Auch ihre spirituelle Tiefe tragen die eingängigen Songwriter-Perlen nicht wie eine Monstranz vor sich her, denn oft finden sich okkulte Andeutungen in eine Stimmung verpackt, von der man sich auch ohne spezielle Neigung packen lassen kann und mit der der Liebling vieler Neofolker in viel breiteren Hörerschichten einen Fuß in der Tür hätte, wenn er selbst und die Umstände es nur wollten.

„The Old Magic“ hat eine rege Vorgeschichte und ist gewissermaßen eine Art Palimpsest. Ein Großteil der vertretenen Stücke wurden in anderen Versionen bereits auf drei EPs veröffentlicht, die – erstmals in Howdens Biographie – nur über Bandcamp erhältlich waren. Von Beginn an für Neubearbeitungen vorgesehen konnten die Songs so heranreifen und und hatten doch schon einen kleinen Anker in der Erinnerung der aufmerksamen Fans. Auf „The Old Magic“ sind nun wesentliche Momente aus „Lietuva“, „Norse“ und „Briton“ vereint, womit auch die versteckte Magie des maritimen Nordeuropa zu einer Einheit vermählt wird.

Wie wird diese alte Magie nun gezeichnet im Sieben-Kosmos? Oft als etwas Alltägliches, das das leben ohnehin bereithält und nicht zwangsläufig Magie genannt werden müsste. Nicht selten tritt sie leidenschaftlich und kämpferisch in Erscheinung, wie in der fast punkigen Uptempo-Nummer „Ready for Rebellion“ und dem monoton treibenden „Modron“ zu ehren einer vorchristlichen Göttin. Dann wieder ist sie von ritualistischer Evokativität wie in „Black Moon, Rise Again“ oder „Come, Raven King“. Dann wieder versteckt, als warte sie, wie im finalen „The Other Side of the River“, auf ihre Wiedererweckung durch die, die mit offenen Sinnen durch’s Leben gehen.

Dieser Gedanke des Verborgenen rahmt die Platte, denn bereits im eröffnenden Titeltrack, einem kernigen Stück Acid Rock mit Grunge-Falsett, zeigt sie sich in tieferen Schichten der Sprache wohnend, doch schon ihre Begriffe sind, wie der Text zeigt, recht schnell und einfach in die neue Sprache übersetzbar. „The Old Magic“ hat jedoch wenig von wechgezeichneter Nostalgie, und „Hillford Mindset“ präsentiert eine Schattenseite jener alten Zeit, in der es das trotzige Schmoren im eigenen Saft längst gab. Interessant ist, wie der Text dies recht neutral schildert und die Bewertung den Hörern überlässt, und naheliegende Bezüge zur Gegenwart mögen Howdens Landsleute herausarbeiten.

Die neuen Versionen unterscheiden sich nun unterschiedlich stark von den Originalen: Viele der Tracks sind kürzer als in den ursprünglichen Versionen, und oft ist der Klang voller und weniger differenziert, wie um die urige Schlichtheit zu untermauern. Manche, wie die Beschwörung des Rabenkönigs, sind dagegen weitaus luftiger gestaltet und geraten bewusst aus den Fugen. Interessanter jedoch erscheint mir das was sich im ganzen Projekt abzeichnet und worauf ich schon in meinen Besprechungen zu den EPs hingewiesen habe: Sieben ist mittlerweile recht weit weg von der schöngeistigen Popmusik von Alben wie „Each Divine Spark“ oder „Star Woood Brick Firmament“ und bei einem spröden, rockigen Sound angekommen. Gerade das Spröde lässt das Repetitive noch eindringlicher wirken. (U.S.)

Label: Redroom