RESINA: s/t

Der Name Resina, den die in der Nähe von Danzig geborene Cellistin Karolina Rec für ihr Musikprojekt gewählt hat, basiert auf dem lateinischen resin, was ein Extrakt aus dem Harz bestimmter Bäume bezeichnet. Auf eine gewisse Art passt das ganz gut zu dem naturbelassenen, spontanen Charakter ihrer Kompositionen. Doch Harz tritt bekanntlich bei einer Verwundung der oberen Holzschichten hervor, weswegen man es etwas poetisch auch gerne als das geronnene Blut der Bäume bezeichnet. Vielleicht passt es daher auch ganz gut zu einem Projekt, in dem es um die Aufarbeitung der eigenen Biografie und um die im Laufe der Zeit zugezogenen Wunden und Narben geht.

In ihrem gleichnamigen Debüt, das vor kurzem beim FatCat-Ableger 130701 erschienen ist, verarbeitet die heute in Warschau lebende Musikerin die Erinnerung an ihre Herkunft und ihr früheres Leben als eine imaginäre Landschaft – lieblich, oft mit verstörten Augen des Nachts wahrgenommen, durchaus turbulent und geheimnisvoll, doch niemals schroff und zugleich frei von Pathos aller Art.

Wenn sich aus den zittrigen Strichen des Openers recht bald eine hypnotisierende Melodie herauswindet, könnte man fast meinen, den Auftakt eines eher minimalen, leicht dronigen Cellowerks in der Art Hildur Gudnadottirs zu hören, doch Resinas Musik ist abstrakter und hinterlässt zugleich einen spielerischen Eindruck. Oft scheint sich die Musik auf der Stelle zu bewegen, fast schüchtern und zugleich mit einer gewissen Abenteuerlust tastet sich der Bogen voran, bis ganz überraschend etwas Konkretes Form annimmt: markant exponierte Motive, Rhythmen oder melodische Passagen, in denen das Instrument wie eine Violine gespielt wird.

Manche Stücke wären wie geschaffen für einen dramatischen Filmscore und gestalten sich ausgesprochen düster, wie Titel wie „Nightjar“ oder „Dark Sky White Water“ schon andeuten. Bedrohliche Tiefe rollt an, und wenn es bisweilen fast folkig zugeht, ist es doch eher die formlose Dekonstruktion dessen, übertönt vom perkussiven, aber taktlosen Spiel mit den Saiten. Das Unwetter, das sich im letztgenannten Track zusammenbraut, entlädt sich dann auch in einem furiosen Rhythmus, der das Stück in dramatischer Opulenz ausklingen lässt.

Ihr wehmütiger Sopran in „Not Here“, dessen Vocals ohne Text auskommen, bildet den Kontrapunkt dazu und verleiht der Platte einen getragenen, melancholischen Ausklang, bei dem aber auch Hoffnungschlimmer anklingen. Das klingt widersprüchlich und soll es vielleicht auch ein bisschen sein, denn Resinas Musik lebt zu einem großen Teil vom Zauber der Dichotomie, lässt Form und Spiel, feste und vage Struktur immer wieder gegeneinander antreten, um sie dann doch miteinander zu versöhnen. (U.S.)

Label: 130701