MAI MAI MAI: Phi

Vor Jahren hob Toni Cutrone, der bislang in diversen noisigen Rockformationen spielte, sein Soloprojekt aus der Taufe und beglückte die Musikwelt als Mai Mai Mai mit der „Mediterranean Trilogy“, die die Frühzeit des griechisch-römischen Kulturkreises als maritime Lebenswelt erforschte. Teil dieses archaischen Symbolkosmos war ein zwischen rhythmischem Lärm und retrolastiger Elektronik verorteter Sound, der dem südlichen Setting einen kühlen, aquatischen Beigeschmack verpasste. Nach „Tetra“ und „Delta“ erschien noch das Tape „Petra“, das offenbar nicht Teil der Trilogie war, obwohl die Thematik gepasst hätte. Aber wer weiß, vielleicht wurde das Konzept auch erweitert. Jedenfalls kommt dieses nun mit „Phi“ zum Abschluss.

Vergleicht man „Phi“ mit den vorherigen Releases, dann stellt man fest, dass die Entwicklung hin zu lärmender Opulenz weitergeführt wird, dass das Klangbild trotz harscher Aggression jedoch immer weniger ungeschlachte Züge trägt. Gleich bleibt das weiträumige maritime Kolorit in der Stimmung und der Wahl der field recordings. So beginnt schon der Auftakt mit beschaulichen Wellen und Möwen, die die unterschiedlichsten Narrative romantischer Abenteuer channeln. Doch über die bald folgenden hektischen Samples und mit Hilfe des Folkmusikers Luca Venitucci geht das Ganze schnell in reißerisches Dröhnen über, üppig gespickt mit Ethnobeats und Noispartikeln.

Auf der ersten Seite gebärdet sich die Reise durchaus holprig und anstrengend, angsteinjagende Schreie und aggressive Beats zerren an den Nerven, oft erweisen sich verschiedene Takte als nicht im Einklang mit einander, erstrecht nicht mit den Vocals und den Soundwellen, die sie umgeben. Das langgezogene „Bakkois“ ist hypnotisch wie das Atmen eines Biestes, das besser nicht erwacht, das fatalistische Gemurmel drumherum macht es auch nicht beruhigender. Trotz Zerfledderung gibt es Passagen reinsten Rhythm Noise’, der allerdings nicht stumpf stampfend maschinenhaft daherkommt, sondern durch exotische Zitate und afrikanischen Gesang alle Klischees umgeht.

Eine weitere Überraschung zuguterletzt gibt es in den beiden finalen Tracks, denn dort tritt als weiterer Gast kein Geringerer als Lino Capra Vaccina hinzu, der in den 70ernin Progbands wie Telaio Magnetico und Aktuala (manche nennen sie die italienische Third Ear Band) seine Meriten verdiente. Mit ekstatischen Ritualtrommeln und wahnwitzigem Gehämmer verschafft er dem Album, das als LP bei Boring Machines und als Tape bei Not Not Fun erscheint, einen furiosen Schlusspunkt. (U.S.)

Label: Boring Machines / Not Not Fun