7JK: Ride the Solar Tide

7JK haben schon auf ihrem Debüt vor vier Jahren demonstriert, dass ihr Interesse nicht darin besteht, die Stile ihrer beiden Stammprojekten Sieben und Job Karma perfekt zu verschmelzen, dass sie mehr sein wollen, als die bloße Summe ihrer Teile. Auf dem gerade erschienenen „Ride the Solar Tide“ offenbaren Matt Howden und Maciek Frett ihren gemeinsam erarbeiteten Stil noch deutlicher.

Auf einer internationalen Raumstation kommt es zum Frontalaufprall zwischen Depeche Mode und Cabaret Voltaire – so in etwa heißt es im Begleittext, und wenn zwei so ernsthafte Musiker so freimütig wie irgendwer zu klingen behaupten, dann heißt das erst einmal zweierlei: zum einen, dass sie es können, zum anderen, dass hier zwar einiges, aber längst nicht alles mit ernsten Dingen zugeht. „Ride the Solar Tide“ bietet fünfundvierzig Minuten Scifi und Dystopie voll paradoxer Aufbruchstimmung und ambivalenter Technophilie – ein nerdiges Interessengemenge auf die Art, wie es Mitte der 80er hip war.

Der Sound dazu, wen wundert es bei einem Sheffielder an Bord, klingt in den meisten Stücken tatsächlich sehr nach den Cabs, und an Clock DVA darf man sich auch hier und da erinnert fühlen: Nach einem filmreifen Piano-Auftakt reihen sich groovige Uptempos an tolle Synthie-Melodien, technoides Rasseln und blechernes Scheppern an Radiosamples, toll machende Raumklangeffekte und Geigenparts, die manchmal wunderschöne Sieben-Motive in einen völlig anderen Kontext setzen, manchmal die passenden Synthies nachempfinden und vor dreißig Jahren sicher den einen oder anderen Hit hervorgebracht hätten.

An Entertainment-Qualität wird nicht gespart, runde, kompakte Songs allerdings werden nicht geliefert. Einige furiose Gesangspassagen Howdens und die Kombination aus Harmonie und detailverliebter elektronischer Opulenz bilden dann quasi – wenn man den Vergleich noch einmal aufgreifen will – den Depeche Mode-Part dazu, und das finale „Starseed“ ist tatsächlich äußerst radiotauglich. Bei all dem entsteht ein ganz eigener Sound, der den Vorbildern ebenso ähnelt wie den Stammbands der beteiligten Musiker, doch letzteres ist nur bis zu einem gewissen Grad der Fall: „Ride the Solar Tide“ hat weniger von der archaischen Aura, welche die perkussive Wucht Job Karmas umgibt, und würde man Howden hier zum ersten mal hören, wäre man wohl überrascht zu hören, dass er für einige als Folkmusiker gilt.

Doch wie dem sei, eine solche Platte braucht markante Texte, und in denen wird von dunkler Materie über das Gesetz der Entropie alle Register gezogen, und an griffigen Slogans wird ebenfalls nicht gespart. „Do you like boiled rice?“ heißt es an einer Stelle, und ich dachte schon, ich hätte mich verhört, „we are the centre of the universe“ ganz dreist an einer anderen. Ironie? Keineswegs, denn „The centre is everywhere“. Wie schon Giordano Bruno wusste, ist das Universum unendlich, und 7JK erkunden darin ausgesprochen stilsicher einen interessanten Ausschnitt. (U.S.)

Label: Redroom