DAIMON: s/t

Unter dem Namen Daimon arbeiten die italienischen Musiker Simon Balestrazzi, Paolo Monti und Nicola Quiriconi erstmals in Dreierkonstellation zusammen, hierzulande ist sicher Balestrazzi durch Bands wie T.A.C. und Dream Weapon Ritual der bekannteste. Ihr gemeinsames Projekt bezeichnen sie nicht nur als tief-dröhnend, sondern auch als audiovisuell, was man sicher auf die atmosphärischen Videoarbeiten beziehen kann, die Quiriconi zu einigen der Songs beigesteuert hat – eindringliche Zeitlupen-Aufnahmen einer melancholischen, aber nicht leblosen Welt, tremolierend in impressionistischen Close-ups. Ihre Kunst der Illusionsbildung verdient den Begriff aber ebenfalls, denn sie schaffen es mit wenigen einfachen Mitteln, imaginäre, bewegte Bilder zu evozieren, die bei all ihrer dunklen Ausleuchtung ungemein luzide sind.

Die kühle, vibrierende Elektronik, mal ambient gleitend und rauschend, mal voll eines feierlichen Pathos, mal griffig im Grenzland zum minimalistischen Synthie Wave, ist im Grunde nur die Basis, auf der sich ein hörspielartiges Narrativ entfaltet, das gerade durch seinen mysteriösen Andeutungscharakter die Fantasie in Fahrt bringt. Schon im einleitenden „A Call“, das in seiner gemächlichen, aber konsequenten Bewegung an eine lange Kamerafahrt durch kleine Unebenheiten erinnert, lässt mit den eingespielten Kinderstimmen, lachend, rufend, lamentierend, ein Tableau entstehen, das nicht nur durch den amp-erzeugten Kunstregen, der sie fast verdeckt, wie eine ferne Erinnerung anmutet.

Doch es kommt zu dramatischen Brüchen, wenn aus den Stimmen langgezogene Schreie werden, und schnell ahnt man, dass die Geschichte, die hier angedeutet wird, nur partiell harmonisch verläuft. In dem ambig betitelten „He’s seeing you“, dessen eindringliche Spannungskurve in einem entmenschlichen Quieken gipfelt, bestätigt sich das noch einmal. Eingefangen in die herbstliche Wehmut des Pop-Gefilden noch am nächsten kommenden „Take the Telescope and go“ geraten die Kinderstimmen ausgesprochen lebensnah, scheinen um den Hörer herum zu schwirren und diesen in das ungewisse Szenario hineinzuziehen. Ob dies so erfreulich ist, mag ich angesichts des seltsamen Flüsterns, das sich in „Almost Blind“ ganz nah am Ohr zu Wort meldet, nicht beurteilen.

Und so mag gerade dieser Titel das eigene Empfinden in diesem dämmerigen Irrgarten an emotionalen Begebenheiten auch ganz gut wiedergeben. (U.S.)

Label: Metzger Therapie