Wenn Catherine Graindorge und Hugo Race ihr erstes gemeinsames Album und gewissermaßen auch ihr temporäres Projekt „Long Distance Operators“ nennen, kann man das auf die geografische Entfernung münzen, die zwischen dem australischen Sänger und Songschreiber und der Belgierin, die nicht nur eine Geigerin, sondern auch Komponistin, Sängerin und Schauspielerin ist, liegt. Der Titel passt aber auch gut zur unterschiedlichen musikalischen Herangehensweise der beiden: Zwischen den dunklen, eingängigen Songs des Australiers, dessen Wurzeln im Post Punk um Nick Cave und Rowland S. Howard liegen, und dem eher abstrakten Spiel der Kollegin liegt ein weites Land.
Auf ihrem Album präsentieren sie über weite Strecken eine Mischform aus Race’ nachdenklichen, oft schwermütigen Songs und den filmscoreartigen Soundscapes der Kollegin, und selbstredend kippt die Musik immer mal deutlich in eine der beiden Richtungen. In vielen der Stücke entsteht eine leicht elektrifizierte, ambiente Melange, in der sich Country- und Folkelemente wie in einem Schmelztiegel auflösen, im Zuge dessen aber markante Spuren hinterlassen. Aus all dem ragen immer wieder wunderschöne Details hervor, wie die fast nach Duduk klingende Violine in „Forever Lost“.
Details, die – wie nicht selten bei Hugo Race – an Americana erinnern, gibt es massig, in „I Call On You“ sind die Akkorde einer Slideguitar im Streicherdrone zu erkennen und treten in Dialog mit den ausladenden Pinselstrichen der Violine. Mit Wahwahs, einem schleppenden Doom-Riff und einer schummerigen Orgel verlegt „Night Unreal“ das Ganze in ein raubeinigeres Setting. Besonders gelungen ist „Brother Sister“, das nahezu Unkombinierbares zusammenführt, und dabei trotz des dick aufgetragenen überzeugt: Gitarrentwangs und das wie aufgeklebt wirkende Rauschen einer Brandung bilden das Fundament für Graindorges Sopran, der gegen Ende fast sakrale Qualitäten bekommt.
All dies kommt in einer ernsten, stellenweise ergriffenen und (in Anspielung auf Race’ anderes Projekt) durchaus „fatalistischen“ Gestimmtheit daher, resignierte Kopfhängerei oder gar langweilige Abgeklärtheit kommt jedoch nie auf, auch nicht in den Texten, die sich um persönliche, spirituelle und philosophische Motive drehen: Dem Verlorensein in Illusionen und den dabei verpassten Chancen wird unverblümt ins Gesicht gesehen, dennoch weiß der Sprecher in „Forever Lost“ seinen Frieden damit zu machen. „Did you forget how to play? Sing like a child? Without pretence you can’t beg down because there’s no escape“ heißt es im „Immortality“, hier sogar eine verhaltene Feier der Illusion anstimmend, doch ganz ohne utopische Heilsversprechung.
Graindorges Stimme ist noch ein weiteres Mal zu hören, mit französischen Spoken Words im berührenden Interludium „On Ice“, doch ingesamt ist zu begrüßen, dass die beiden aus ihrer Kollaboration kein weiteres Duo a la Nancy / Jane / Isobel / Chelsea versus Lee / Serge / Mark / Dude gemacht haben – obwohl die Platte durchaus noch mehr von Graindorges Sopran vertragen hätte. (A. Kaudaht)
Label: Sub Rosa