Auf ihren bisherigen Alben hatte das aus Ruth Rosenthal und Xavier Klaine bestehende französisch-israelische Duo eine dronegeschwängerte düstere Musik gespielt, auf der der Sprechgesang Rosenthals von Feldaufnahmen, Orgel, Klavier und Harmonium untermalt wurde, was einige Rezensenten Vergleiche zu Nico ziehen ließ. „South From Here“ knüpft zwar in Passagen daran an, aber das Klangspektrum ist erheblich erweitert worden. Schon der anlässlich des Erscheinens des Albums veröffentlichte Teaser hatte aufhorchen lassen: Beats und ekstatische Schreie, die den Opener „Archaic Landscape“ durchziehen, klangen scheinbar recht atypisch. Im Presseinfo zum Album heißt es dann auch, das Album sei „a mixture of pessimism and acceptance they summarize with these words: ‚Life is Beautiful‘.“ – etwas, das man auch „Spring Roll“ anhört, einer fast schon hymnischen Popnummer mit treibendem Drumcomputer und einem Synthesizer, die in ihrer Archaik einen Bogen zum New Wave der 80er schlagen. Auch auf „Yallah“, einem etwas aggressiveren, treibenden Stük, das fast schon an Cabaret Voltaire denken lässt, kommt der Drumcomputer zum Einsatz. Das vom Gesang her punkige, ironisch betitelte „The Land of the Free“, erinnert fast schon etwas an Tuxedomoons „No Tears“. „Gaza“ ist eine monotone, leicht ruppige Nummer, die ebenfalls an die frühen 80er denken lässt.
Andere Stücke auf „South From Here“ erinnern eher an frühere Aufnahmen des Duos: Auf „No World“ rezitiert Rosentahl ihren Text mit fast schon gebrochener Stimme zu dronigen Orgelklängen. Das lapidar betitelte „Ikea“ ist eine von einem dezenten Klavier durchzogene, leicht melancholische Nummer. Auf „Nina“ hört man Stimmen, die während einer Aufführung von Chekhovs „Die Möwe“ gemacht wurden, und eine sakral klingende Orgel tönt dazu. Die Wahl des Stücks macht natürlich deutlich, welche Ironie in der Aussage, dass das Leben schön sei, steckt. Von Seiten der Band heißt es, in den Texten des Albums gehe es um eine Thematisierung der “blindness into which Israeli society is definitely sinking”. Auch mit ihrer Theaterarbeit hatten sich Winter Family schon mit der politischen Situation in Israel auseinandergesetzt. Auf „Delightful Blindness“ wird der Text auf Hebräisch vorgetragen und der Synthesizer klingt, als wolle man retrospektiv einen Track zu Depeche Modes “A Broken Frame” beisteuern. Das noch junge Jahr 2017 hat schon jetzt ein Album, das sich am Ende idealerweise in einer ganzen Reihe von Bestenlisten finden sollte. (MG)
Label: ICI D’AILLEURS