PEST MODERN: Rock’n'Roll Station

Pest Modern ist das gemeinsame Debüt des in Berlin lebenden Musikers Emmanuel Hubaut mit seinem Vater Joël Hubaut, der in der Welt der bildenden Kunst als ein ebensolches Enfant Terrible gilt wie der Sohn im queeren, Noise- und Goth-angehauchten Postpunk. Die Idee erwuchs aus einer gemeinsamen Coverversion des Klassikers „Rock’n'Roll Station“ von Jac Berrocal und Vince Taylor, dem schon Nurse With Wound ihren Tribut zollten. Das schrille, postapokalyptische Surfrock-Album, das dabei herausgekommen ist, ist ein furios-verkaterter Abgesang auf den Rock nach dem Ende seiner Geschichte und kann sich selbst neben Novy Svets „A Mort“ sehen lassen.

Mit Klos im Hals brüllt und grummelt sich Emmanuel Hubaut durch kratzige Hörspielszenarien aus knarrenden Bässen und launigen Twangs, durch brummende Motoren, rückwärts gespielte Passagen und Springteufel in Form einer jungen Dame namens Carolin Popenberg, die etwas über Insekten ins Mikro schreit – und kommentiert all dies mit einem nonchalanten „C’est deluxe“. Dabei ist alles drecking genug, um nicht trendy verhipstert rüberzukommen. Suicide, Bauhaus, Link Wray, die Cramps und die Long Tall Texans scheinen gleichermaßen Pate gestanden zu haben, doch ganz sicher ist man sich dabei nie, denn immer, wenn man glaubt, auf vertrautem Boden zu stehen, wird einem dieser unter den Füßen weggezogen, und alles ist wieder offen, unsicher und viel verheißend.

Keine Frage, dass die Hubauts ein ausreichendes Maß an Liebe für den Rock aufbringen, den sie hier nach Herzenslust zersägen und zergrunzen, weshalb sich all die schrägen Arrangements – statisch zombifizierte Surfrockmotive kombiniert mit nervigem Computerkitsch, nach NDW-Art gehauchtes „eins, zwei, drei“ und „alles klar“ vor einer schwülheißen Rockabilly-Kulisse und überhaupt: Spoken words und Rock’n'Roll – nicht abnutzen und, nachdem die Wirkung der (zumindest halben) Persiflage abgeflaut ist, immer noch als gute Musik funktionieren. Und so scheint die Message in dem berühmten dramatischen Monolog, um den der Titelsong gebaut ist, nämlich dass letztlich alles möglich ist, auch hier Programm zu sein – „a rock’n roll session is a session where we can do what we want to do“.

Auch wenn die Erschöpftheit des Gesangs bisweilen ansteckend wirkt, sollte das Album all denen gefallen, die bei Wörtern wie Lofi, Mashup, Postpunk, Retrofuturismus und der gleichen keinen Ausschlag bekommen. Wer sich das Ganze etwas elektronischer vorstellen kann, dem sei die Bonus-CD ans Herz gelegt, auf der Plateau Repas, Margritte Jaco SPAAM, Oberst Panizza, Dear Deer, The Hollow Man und andere Freunde der Band ihre Lieblingstücke nach eigenem Gusto interpretieren. (U.S.)

Label: Meidosem Records / Cleopatra Records