COÀGUL / ESCAMA SERRADA: Sub Luna Regis

Coàgul und Escama Serrada, zwei mittlerweile schon erfahrene Soloprojekte, verkörpern im Unterschied zu Ô Paradis und Comando Suzie den weniger poppigen Teil des geheimen katalanischen Undergrounds. Seit Jahren stehen Marc O’Callaghan und Sergio Mendez im freundschaftlichen und musikalischen Austausch, traten bereits zusammen in einem Film auf, und so war es nur eine Frage der Zeit, bis ein gemeinsames Projekt entstand. Die vorliegenden Aufnahmen entstanden bereits vor ein paar Jahren und erblickten vor kurzem auf der LP „Sub Luna Regis“ das Licht der Welt.

Es ist nicht leicht, sich die doch recht unterschiedlichen Stile und Arbeitsweisen der beiden als Synthese vorzustellen, zumindest wenn man ihre typischeren Arbeiten im Ohr hat. Mendez ist ein experimentierfreudiger Kollagenbastler und steht bewusst oder unbewusst in der Tradition von Künstlern wie Organum, Nurse With Wound oder The Hafler Trio, ist allerdings das Gegenteil der feinen Art School-Pinkel, die diese Tradition heute fortzuführen trachten, und scheut keineswegs das Derbe und Bodenständige, und sei es in Form von The Klinik-Shouts. O’Callaghan hat einen viel größeren Fokus auf Rhythmus-Sequenzen und verbindet rituelle Elektronik mit kräftigen Slogans in seiner katalanischen Muttersprache. Früher oder später denkt man bei seiner Musik an Vagina Dentata Organ, das altgediente Projekt seines Landsmannes Jordi Valls, mit dessen Tochter Zoe er bereits zusammengearbeitet hat.

Trotz ihrer individuellen Ausrichtungen steht sicher eines fest: Wer die beiden kennt, wird sich ihre gemeinsame Hommage an den Mond ganz sicher nicht als schöngeistige Nachtromantik vorstellen, sondern eher als in Wahnsinn getauchten “lunatic’s tune”, wie ihn Marc Almond einst in seiner – Gerüchten zufolge ebenfalls vom katalanischen Mond inspirierten – Hymne “Madame de la Luna” besang.

Zwei Komponenten, die gleich mit dem hellen Läuten des Auftaktes losgehen, sind das feste, treibende und nicht selten noisig-ratternde Soundfundament und die forschen katalanischen Vocals, die sich wie proklamatorische Ansagen über die mit oder ohne Beats immer dynamischen Muster aus Synthies, Samples und verfremdeten Instrumentalsounds verbreiten. Meist hat die Stimmarbeit einen kämpferischen Ton und klingt wie der Auftakt zu einem heroischen Hymnus, was im Zusammenspiel mit der hypnotischen Monotonie der tiefknarrenden Synthies eine monumentale Stimmung evoziert. Brechungen gibt es dennoch einige: In „El Sabor de la Vida“, das wie ein Interludium anmutet, wirken die Spoken Words – diesmal von Sergio – erschöpft, angesichts der nervenzerrenden Monotonie von „Avis de Vista“ wirkt Marcs leicht verfremdeter Gesang zunächst gedrückt, bevor er sich in einer rituellen Schreiorgie freikämpft. In „De Buena Mañana“ flüstert Sergio zu spacig nostalgischen Hochtönereien. Noch mehr Variation gibt es auf der zweiten Seite: „Els Regnes Sublunares“ wirkt wie aus den 80ern gefallen und hat sogar eine etwas rundere, fast songartige Struktur, „La Luz Que Te Lleva de la Mano“ und „El Nostre Món“ sind mit analogen Soundspielereien, gesampleten Kinderstimmen und perkussivem Blechklappern am freizügigsten gestaltet und tragen deutlich die Handschrift Escama Serradas.

„Sub Luna Regis“, das jüngst auf hundert CDs über das von Comando Suzie betriebene Label Grabaciones Sentimentales herausgekommen ist, ist eine knappe Dreiviertelstunde zusammengeballter Energie, und ich wette dass die Lyrics, wenn man sie ausreichend versteht, all dies unterstreichen. Dass man es dabei nicht mit einer festen Band zu tun hat, könnte man glatt vergessen, und so bleibt nur zu hoffen, dass Coàgul und Escama Serrada ein weiteres Mal ihre Ideen gemeinsam in die Waagschale werfen. (U.S.)

Label: Grabaciones Sentimentales