CHUPAME EL DEDO: No Te Metas Con Satan

Ursprünglich, so liest man zumindest, war Chupame El Dedo gar nicht als eigenständige Band gedacht, sondern nur als launiger Offshoot von ebenso launigen Kapellen wie Romperayo und Meridian Brothers, mit dem Zweck, lateinamerikanische Rhythmen mit der Energie und den Themen des Grindcore und Death Metal zu verbinden – beides genießt in ihrem Heimatland Kolumbien ja durchaus eine gewisse Popularität. Da die Leute ihre Kunst beherrschen, wurde ihr selbstbetiteltes Debüt international gefeiert, und Chupame El Dedo traten 2013 auf dem Berliner Evil Music-Festival auf. Warum also aufhören, wenn der Zug gerade ins Rollen kommt, sagte man sich wohl, und so stand irgendwann der neue Longplayer “No Te Metas Con Satan” ins Haus, auf dem sich alles um den gefallenen Engel und um jene, die sich mit ihm verbünden, dreht.

Dieser wird oft mit dem Teufel und und anderen finsteren Gestalten gleichgesetzt, doch ich schätze, dass solche Feinheiten hier irrelevant sind, denn das Album ist ein einziger spukhafter Cartoon, der an die besten Momente von Bava, Coffin Joe und natürlich – das Label deutet so etwas schon an – der Comics von Jodorowski, die neben seinen Filmen oft ins Hintertreffen geraten, anknüpft.

Musikalisch klingt der diabolische Spaß diesmal weniger nach Metal, sondern mehr nach NDW-Punk und einem futuristischen Minimal Wave, bei dem v.a. nostalgischem Homecomputer-Kitsch gehuldigt wird – all dies vermischt mit Latine-Rhythmen und folkigen Bläsern, die direkt aus einem Film wie Santa Sangre gefallen sein könnten. Zum hölzernen Geklapper und blechernen gerassel, zu monotonen Computerbeats quietscht die mädchenhafte Stimme eines Unschuldsengels und wird in regelmäßigen Abständen von einem tief quäkenden Rauhals übertönt, der wie durch eine Filzdecke aus Katakombentiefen an die Oberfläche dringt. In “Alexandra Candelaria” inszenieren die beiden ein sounduntermaltes TV-Interview mit einem offenbar besessenen Mädchen, manchmal – z.B. in “Mi Ancestro Barraco” – erinnern sie an Nancy und Lee als totäugige Puppen, und der Höhepunkt der Gesangskünste ist ohnehin das Kippen in Bocksblöken oder in das dreckigste Lachen jenseits des Äquators. Oder doch das feetsige Taschensaxophon in “Metelero”?

Wer zum Lachen gerne in den Keller geht, sollte dies in Zukunft bei minimalster Beleuchtung mit “No Te Metas Con Satan” tun und sich vorher einen Mojito mixen. Großer Spaß!

Label: Souk / Discrepant