FAD GADGET: The Best Of

Unter den renommierten Synthie- und New Wave-Acts der Jahre um 1980 nahm der Engländer Frank Tovey alias Fad Gadget insofern eine Sonderstellung ein, als dass seine durchaus eingängigen Popsongs immer etwas zu rau und derb waren, um ins Mainstream-Radio zu passen, wo er dann zwar nicht völlig fehlte, aber doch etwas unterrepräsentiert war. Seine Exzentrik war immer einen Hauch zu schräg und ungestylt, um aus ihm wenigstens für eine Zeitlang einen trendigen Posterboy zu machen.

Folglich hatte der frühere Kunststudent mit Wurzeln in der Performance Art trotz einzelner Hits wie „Ricky’s Hand“ nie die enorme Popularität von Bands wie Soft Cell, OMD, Human League oder auch Depeche Mode erreicht, die vor ihrem ersten Release noch seine Vorgruppe waren. Eher verkörperte er so etwas wie ein europäisches Pendant zu Suicide oder Dark Day und schlug so die Brücke zu Underground-Künstlern wie Throbbing Gristle, Cabaret Voltaire oder Non – mit letzterem spielte er dann auch ein gemeinsames Album namens „Easy Listening for the Hard of Hearing“ ein, bei dem er gerade für die lärmigeren Passagen zuständig war.

Seit man die New Wave-Ära mit einem nostalgischen Blick beehrte, ist Fad Gadget v.a. ein Thema für leidenschaftliche Connoiseurs, und die dürfen sich nun freuen, dass die um die Jahrtausendwende als CD erschienene „Best of“ – lange ein Muss im Koffer eines jeden schwarzgestylten Szene-DJs – nun erstmals als LP herauskommt. Unter den 16 Songs findet sich so manche Perle, die den Geist dieser Zeit repräsentativ in ein 3-5-Minuten-Format zu passen weiß. Da wäre „Back to Nature“, die erste Single auf Mute Records, die die liebgewonnenen Sackgassen der modernen Zivilisation gegen naiven Utopismus verteidigt und einmal mehr der in Ungnade gefallenen Hippiezeit eine Absage erteilt – sein artifizielles Urwald-Szenario mit künstlichen Tierstimmen erinnert an die ebenso künstlichen Gärten in den Werken der Dekadenzdichter.

Dann das schon erwähnte „Ricky’s Hand“, ein Tanzflächenfüller vom Range eines „Sex Dwarf“, und mit „Collapsing New People“ (inspiriert von den Einstürzenden Neubauten) weitere vier Minuten Ballard’sche Dystopie für Tanzflächen, auf denen man dank trockeneiserfüllter Dunkelheit seine Hand nicht vor den Augen sieht. Das schlüpfrige „Lady Shave“ mit seinem monoton vorantigernden Midtempo taucht auch immer mal in Playlists auf, vom Sound her hätte es – wie einige weitere Fad Gadget-Songs – glatt auf Depeche Modes “Speak and Spell”-Album gepasst. Viele der vordergründig etwas weniger dark anmutenden Songs dagegen sollten viel bekannter sein: der aufwühlend-hektische Noise von „Insecticide“, der coole Existenzialismus von „Life on the Line“, das hymnische „For Whom the Bell Tolls“ und groovige Tracks wie „I Devour Love“, „One Man’s Meat“, „Fireside Favourites“ und „Love Parasite“, die alle einen Touch tiefschwarzer Comedy haben und Tovey als verquere Version eines Crooners zeigen, der seine ganz eigene Vorstellung von Swing hatte.

Obwohl der Musiker relativ jung verstarb, deckt die Fad Gadget-Ära nur rund die Hälte seines Werks ab, unter seinem bürgerlichen Namen veröffentlichte er ab Mitte der Achtziger eine ganze Reihe an Alben, die z.T. einen folkigen und bluesigen Touch haben. Als Klassiker, gleichwohl an der Grenze zum Underground, sind aber seine Songs zwischen 1979 und 1984 ins kulturelle Gedächtnis eingesickert, und für die neue Würdigung auf Vinyl kann man nur dankbar sein. (U.S.)

Label: Mute