Ka Baird ist nach ihrem Umzug nach New York neben ihrer Arbeit mit Spires That In The Sunset Rise zahlreiche Kollaborationen mit anderen Künstlern und Künstlerinnen eingegangen, die irgendwo in einem weiten Spannungsfeld von Ambient, Jazz, Soundscapes, im weitesten Sinne Experiment, zu verorten waren. Dabei rückten im verstärkten Maße Blasinstrumente ins Klangzentrum und wer Gelegenheit hatte, Ka Baird einmal in den letzten Jahren live zu erleben, der konnte einer extrem phyischen Performance beiwohnen, bei der die Künstlerin teilweise mit ihrem (Blas-)Instrument zu verschmelzen schien, es ein Teil von ihr wurde – in T.E.D. Kleins “Black Man With A Horn” heißt es auf die Frage, ob die titelgebende Figur Luft durch ein Horn sauge: “No horn. Is no horn. [...] Is him.”- und im Interview, das wir mit ihr führten, meinte sie dann auch: „Im Augenblick geht es NUR um den Atem und diese Blasinstrumente und wie sie eine gewisse Art ekstatscher Energie einfangen, wie das Saiteninstrumenten nicht möglich ist.” Dieses Ekstatische findet sich partiell auch auf ihrem neuen Album, das an das 2017 veröffentlichte „Sapropelic Pycnic“ anknüpft. In der Pressemitteilung heißt es, es handele sich um “a series of visceral actions“, Ka Baird spricht von ihrer Form der „Body Music“.
„Pulse“ wird vom Atmen, von Atem durchzogen, Stimmfragmente scheinen zu pulsieren. Auf „Symanimagenic“ hört man Geräusche, die an Wasser denken lassen, eine Flöte setzt ein, man vernimmt wieder Atmen, tribale Perkussion, Baird spricht, stöhnt. Das 11-minütige „Teaching Lodge At The Arrow“ beginnt mit einer traurigen Flöte und Bairds Gesang erinnert etwas an Spires That In The Sunset Rise. In der Mitte geht das Stück in einen Drone über, bevor schließlich Perkussion einsetzt. „Azha“ (ein Titel, der auch auf eines ihrer Projekte verweist) besteht aus hektischen Flötenloops. Mit langsam schabenden und dröhnenden Geräuschen beginnt „Storms Stay Fine“. Dann setzt Bairds Gesang ein und dies ist eines der wenigen Stücke, auf der Wörter verständlich sind. „The Orion Arm“ beendet das Album mit einer Kombination aus Handperkussion und Stimmfragmenten.
Diese Musik ist sicher beeinflusst von nichtwestlichen musikalischen Traditionen, Ka Baird nennt als eine Inspirationsquelle die Flötenmusik Neu Guineas. “Respires” macht dann auch deutlich, wie absurd die gerade im angloamerikanischen Raum geführten Debatten um kulturelle Aneignung sind. Denn zu denken, dass jede Auseinandersetzung mit anderen Musik(kultur)en ein ausbeuterischer Akt imperialistischer Natur ist, führt letztlich zu einer Forderung nach Reinheit, die jeden Austausch unmöglich macht. Ka Baird erschafft hier eine Musik, die sich einfachen Kategorisierungen und Einschränkungen verweigert. (MG)
Label: Rvng Intl.