AKOUSTIK TIMBRE FREKUENCY / TEMPLE MUSIC: Split Frequencies Vol. II

Vor ein paar Wochen ging die rituell-experimentell ausgerichtete “Split Frequenzies”-Reihe von Sombre Soniks in die zweite Folge, diesmal steuern zwei der bekanntesten Acts des Labels je einen halbstündigen, latent episodisch aufgebauten Track bei. Nach dem im vorigen Herbst erschienenen Auftakt mit Embers Below Zero und Grist sind diemal Akoustik Timbre Frekuency um den Betreiber des Labels sowie Tempel Music um den seit Jahren vielseitig aktiven Alan Trench vertreten.

Vom Auftakt her wirken die beiden Kompositionen zunächst eher unterschiedlich. ATFs “Atu XV Thee Devil (Tiphareth To Hod)” beginnt ganz leise und hintergründig, zweischen die noch sanften, celloartigen Sounds mischt sich ein mysteriöses Schaben, dass den eher wehmütigen Grundtenor der Musik umso deutlicher hervorhebt.

Schnell wähnt man sich in einen Hörspielsetting, bei dem beinahe so viel Kleinteiliges passiert wie auf der sinkenden Salt Marie Celeste: Türen knarren, während Streicher aus einer Parallelwelt unberechenbare Töne anstimmen und wieder ins Nichts entgleiten lassen; hölzerne Objekte werden wie von einem Wiedergänger Xenakis’ über einen unebenen Boden geschleift; Glocken läuten und verschnelzen mit der surrealen Melodie gestrichener Saiten, Shuttlawinen prasseln zu Boden. Hat man sich erst darauf eingestellt, einer Slideshow mysteriöser Klänge zu lauschen, könnte man bei entsprechender Aufmerksamkeit plötzlich das gefühl beschleichen, schon die ganze Zeit über von dem Track auf subtile Weise geführt worden zu sein – hin und her, und ohne sofort nachvollziehbare Richtung, und vielleicht ist diese Ungewissheit das eigentliche Zentrum der Komposition.

“Ships/Arc” von Temple Music startet viel unvermittelter mit einem hypnotisierenden Groove, kernig, basslastig und von einer bezaubernden Melodie, die Orchis würdig gewesen wäre und die – auch hier also wieder eine ähnliche Offenheit – einen Hiphop-Track ebenso wie ein Post Punk-Stück einleiten könnte, was bei den stets unberechenbar wandlungsreichen Temple Music nicht Wunder nimmt.

Nach den ersten tanzbaren minuten kommt dann aber recht abrupt der Abstieg in die langsam vorankriechende Orgelschwere, die sich immer mehr in einem verzweigten Höhlentrakt ausbreitet. Jede Wand, die von dieser merkwürdigen Soundsubstanz getreift wird, sendet seltsam elektrifizierte Signale aus, alles wirkt im Nu aufgeladen und verzaubert. Wenn nach einiger Zeit wieder Bewegung in die Szenerie kommt, manifestiert sich diese meist in stürmisch auf und abschwellenden Details, von kleinteilig klirrenden Soundfetzen bis zu wabernden Dröhnwellen, die nach Harmonium klingen, Trenchs knarrende und rührende Gitarrenparts erklingen wie in einer hallenden Tropfsteinhöhle, doch wenn der Song dass zirkulät zu seinem – nun verfärbten – Ausgangspunkt zurückkehrt, fällt auf, dass die vielen kleinen Höhepunkte nie in einer echten Eruption gipfeln, sondern nur Wegmarken in einer viel längeren, Reise anmuten, deren Richtung erst am Ende deutlich wird.

Dieser zirkuläre Charakter markiert einen wesentlichen Unterschied zum Beitreag von Akoustik Timbre Frekuency, weshalb die beiden Stücke nicht derart auf einaner bezogen anmuten wie die beiden Tracks von Grist und Embers Below Zero. Das spricht in jedem Fall für die Vielseitigkeit der Reihe, die sehr wahrscheinlich noch einige Überraschungen bereithalten wird. (U.S.)

Label: Sombre Soniks