Dem jungen norwegischen Akkordeonisten Kalle Moberg ist etwas wiederfahren, wovon viele Musiker heimlich träumen – auf einer größern Tour mit seiner Band Large Unit, die ihn vor drei Jahren snach Tokyo führte, sprach ihn nach einem Festival-Auftritt ein älterer und äußerst renomierter Kollege an und drängte ihn geradezu, das aufgeführte Material oder zumindest ähnliches auf Platte herauszubringen. Alles klang zudem wie ein Unterstützungsangebot.
Der Kollege war kein Geringerer als der in Japan lebende Produzent und Musiker Jim O’Rourke, der nicht nur zum Gepräge wegweisender Sonic Youth- und NWW-Platten beigetragen hatte und kommerziell erfolgreiche Platten wie Joanna Newsoms “Ys” produzierte, sondern auch selbst Akkordeon spielt. Zwar dauerte es weitere zwei Jahre, bis Moberg nach Tokio zurückkehrte, um O’Rourkes Studio für eine mehrtägige Session in Beschlag zu nehmen. Unter Mirwirkung von lokalen Künstlern wie Eiko Ishibashi (JP), Tatsuhisa Yamamoto (JP), Marty Holoubek (AU), Joe Talia (AU) und dem Meister selbst entstanden eine Reihe an Aufnahmen, die in Kürze veröffentlicht werden sollen. Der hier vorliegende erste Teil entstand jedoch solo und basiert somit komplett auf den Klängen von Mobergs Akkordeon.
Was in dem von mikrotonalen und multiphonischen Werk auch dem Laien der Akkoreonmusik auffallen wird, ist der launige Humor, der sich nicht nur mittels der Songtitel (“Skinned Alive with a Blunt Spoon” ) auch durch die sperrigen Passagen seinen Weg bahnt. Oftmals erkennt man das Instrument erst im zweiten Moment, und schon im Auftakt des eröffnenden “Delphic Dance” mag man zunächst an Bläser mit dicken Backen denken. Reminiszenzen an Tango und Chanson klingen an, aber in seinem niemals heillosen Durcheinaner, bei dem opulente Passagen eher unverhofft auf leises Pfeiffen und Trippeln oder abgründige Kakophonien treffen, wird eher einer unberechenbaren Freeform gehuldigt, die manchmal auch Jazz-Standards Raum gibt.
Moberg will nicht nur gefallen, zieht bereitwillig mit hochziehender Dröhnung an dem einen oder anderen Nerv, weckt im hellen Minimalismus von Stücken wie “Wish upon a Satellite” und “Tarrying” die Assoziation zu einem Thriller, und der brattelnde Noise von “Untimely Night”, bei dem dezente Brüche Spannung erzeugen, hätte gut in einen Stummfilm gepasst. Ein Geburtstagsständchen, dass dann auch “Chanson” betitelt ist, gibt dagegen mehr Harmonie Raum und erinnert fast an eine Komposition für Orgel. Wie sich das ganze mit weiterer Instrumentierung anhören könnte, ist eine interessante Frage, die sich wahrscheinlich bald beantworten wird.
Label: KAMO Records