GUY HARRIES: Light Machine

Guy Harries hatte sicher ganz eigene Gründe, sein vor einigen Wochen erschienenes Album “Light Machine” zu nennen. Eine Sache allerdings, die sofort ins Auge fällt, ist die dem Licht ganz ähnliche Ungreifbarkeit seiner elektroakustischen Sounds, und das trotz der fast songhaften Eingängigkeit ihrer Gestalt. “Light Machine” ist ein Album, auf dem sich vieles überblendet und scheinbar alle Elemente immer wieder zerschmelzen, ineinanderfließen, um sich kurz darauf wieder voreinander zu lösen und andere Vermischungen einzugehen.

Harries ist ein Komponist und Klangkünstler, der seit jeher mit verschiedenen Medien und Klangquellen – elektronischer, akustischer Art – arbeitet, und in den aktuellen Stücken lässt er die größtmögliche Verschmelzung zu – genau so weit, dass die so erschaffenen Strukturen lose bleiben und keine Illusion von Homogenität entstehen lassen. Im Opener “Aether” treiben schnelle rhythmische Dröhnwellen einen verwehten Gesang durch die Luft, der sich immer wieder von Welle zu Welle schwingt. Die Bewegung geht unmissverständlich nach oben, der keine Lexik und Syntax bedienende Gesang tönt immer höher, während die mehr und mehr einer rauen Matte gleichende Dröhnung an Dynamik zulegt. Der Titel des Stücks ist hier ebenso Programm wie der des Albums, dessen sprachliche Ambiguität schnell deutlich wird, denn die Lichtmaschine ist zugleich eine leichte Maschine.

Im weiteren Verlauf zeichnet sich eine immer deutlichere Vermischung aus traditioneller Instrumentierung und elektronischer Klangerzeugung ab. Im rhythmischen Uptempo von “Flare” schlängelt sich eine orientalische Flöte voller Wehmut durch Rausch-, Knarz- und Faltgeräusche und zeichnet eine berührende Melodie an die grauen Wände der Elektronik – eine Zusammenführung, die an Margenrots armenischen Ritualtechno denken lässt. In “Spectral” bilden die Ornamente eines textlosen Tenors eine Einheit mit den Kreisbewegungen kosmischer Elektronik. Zusammen wehen sie durch allerlei Soundgerümpel, während ein im Hintergrund pulsierender Takt, der nicht nach Aufmerksamkeit heischt, die Ordnung wahren hilft.

Auch was Stimmung und Emotionalität betrifft, geht Harris unplakativ zuwerke und lässt einiges zusammenfließen – allem voran das dezente und gleichsam bedrohliche Grummeln und das mystisch entrückte Saitenspiel in “Prism”. Feuer und dunkler Rauch aus dem Hades umhüllt all das irgendwann, um Raum für ein klareres Soundbild zu schaffen. Eine ähnlich gelungene Dramaturgie der Komponenten-Verteilung hat “Pulsar”, in dem ein straight pulsierender Takt ein stabiles Gerüst für folkige (und diesmal weniger orientalisch anmutende) Flöten und sirenenartigen Gesang bildet. All dies scheint in der Empordröhnung des abschließenden “Wave” zur Synthese zu kommen, bevor alles von sanften Wellen weggespült wird wie die Ordnung der Dinge als Gesicht im Sand.

Label: Sombre Soniks