The Pond, bestehend aus der Vokalistin Elisabetta Lanfredini und dem Elektroakustiker Nicolas Wiese, haben sich auf ihrem Debüt ganz der menschlichen Stimme und ihren zum Teil ungewohnten Möglichkeiten verschrieben – einer Stimme, die mal ganz naturbelassen, meist aber in verschiedenen Graden der Bearbeitung ganz unterschiedliche Gestalten annimmt und immer wieder auf vielfältige Weise mit sich selbst in Dialog tritt. “Turchesi Miracolosi” scheint eine Geschichte zu erzählen, die sich mit der Zeit durch erneutes Aufgreifen und Verändern verschiedener Motive entfaltet. Oder vielleicht auch nicht, denn der Stoff von The Pond funktioniert über Andeutungen, bei denen man nie so genau weiß, in welche Richtung die Wegweiser deuten, was sich zufällig ähnelt und was Teil eines feinmaschigen semamtischen Gewebes ist.
Gleich zu Beginn geleitet Lanfredinis verwehtes Hauchen die akustischen Antennen ins Zentrum des Geschehens und bildet zugleich den Hintergrund für andere Facetten der Performance. Das sind zunächst leicht melodisch eingefärbte Rezitationen, die bei oberflächlichem Hören diffus wirken, bei entsprechender Obacht aber schnell den Eindruck einer subtilen Ordnung wecken. Perkussive Unebenheiten schleichen sich in die Szenerie, die wohl auch aus dem Klang der Stimme gezaubert wurden, nicht erst hier ist die versteckte Hand Wieses am Werk.
An Ideen ist das Album keineswegs arm. In dem sicher nicht zufällig “Pane Caldo” – heißes Brot – benannten Stück steigert sich eine tremolierende Stimme, die an eine verbrannte Zunge denken lässt, immer mehr in eine hektische Dramatik, ein orchestral anmutender Sound unterstreicht die immer deutlichere Düsternis. In “White Man Talkin’ Low” wird der Vortrag von ihrer multiplizierten Stimme wie von einem griechischen Chor kommentiert. Vielleicht wird in den beiden Improvisationen “For Voice and Voice-Generated Percussion” am ehesten deutlich, dass Wiese keineswegs nur als graue Eminenz agiert. Hier hetzt die Stimme wie eine Getriebene durch ein nur wenig ausgeleuchtetes Szenario, plötzliche Eruptionen, die an Springfedern erinnern, erhöhen die Spannung. Im zweiten Teil vermischt sich der Klang des Atems mit bohrenden Sounds.
Neben eher ambienten Stücken wie “Vieni. Imeno” gibt es einige dramatische Höhepunkte. In “Cavalleresco” wird die – flüsternde, hauchende, tremolierende – Stimme von metallisch anmutenden Klängen begleitet, die mit der Zeit immer mehr nach vorn preschen und die Erinnerung an Xenakis Tape-Arbeiten oder an alte Organum wachrufen. Im abschließenden “Salome” zeigt sich “Turchesi Miracolosi” von seiner opulentesten und zugleich filigransten Seite – doch dieser Eindruck entsteht sicher nicht ganz ohne die Wirkung der vielfarbig schillerden Edelsteine, die Lanfredinis Stimme wie von einer alten Aufnahme durch das stimmungsvolle Soundszenario ziehen lässt.
Damit ist so etwas wie ein Kreis geschlossen, und am Ende hat man das Gefühl, dass man nur eine grobe Skizze der Geschichte verstanden hat, während das meiste unter der Obrfläche kaum greifbar, aber umso stärker wirkt. (U.S.)
Label: Syrphe