TAUMEL: now we stay forever lost in space together

Zuletzt waren uns Taumel im Rahmen ihrer Veröffentlichung in der „Substantia Innominata“ – Reihe von Drone Records begegnet: “In Pieces Volume One” war ein einer Traumlogik folgendes, beeindruckendes Werk, über das es hier hieß, es habe “assoziativen, fragmentarischen Charakter [...], denn im Traum bzw. in dessen inhärenter Logik sind Überginge zwischen Orten, Handlung(sträng)en, Perspektiven (von erster Person, die teilnimmt, zu einem Beobachtenden) fließend, (Ver-)Änderungen erscheinen ganz normal – erst wenn es einem beim Aufwachen gelingt, Momente der flüchtigen Träume kurzzeitig im Bewusstsein zu (er)halten, wird einem klar, dass fortwährend Grenzen und Schwellen überschritten wurden.“

Ihre neues Vollzeitalbum setzt andere Schwerpunkte und ist die zweite Veröffentlichung in der Reihe Traum (der erste Teil mit dem Titel „There Is No Time To Run Away From Here“ erschien 2020): „in dieser serie konzentriert sich taumel auf einen langsamen minimalismus in instrumentaler quartett-besetzung: klavier/rhodes, e-gitarre, flüglehorn und schlagzeug.“  Neben dem Kern um Jakob Diehl (am Klavier) und Sven Pollkötter (am Schlagzeug) kommen Boris Nicolai (Gitarre) und Manuel Viehmann (Trompete, Flügelhorn) dazu. Der Titel des Albums setzt sich aus der Aneinanderreihung aller fünf enthaltenen Songs zusammen.

Schon bezogen auf den ersten Teil dieser Serie fielen in Besprechungen Bezeichnungen wie Dark Jazz oder Jazz Noir und natürlich muss man bei diesen Begriffen unweigerlich an eine Gruppe aus Mühlheim an der Ruhr denken, die ihre Musik gerne schon einmal selbstironisch als „ereignisarm“ bezeichnet. Taumel mögen zwar in der auf diesem Album zu findenden Besetzung in Passagen daran anklingen, aber letztlich ist die auf „now we stay forever lost in space together“ zu findende Musik (varianten)reicher, wechselt die Richtung, das Genre häufiger.

„Now“ beginnt mit dunklem Brummen, bevor die Gitarre einsetzt, die an amerikanische Weiten, an einsam die Wüste durchquerenden Reiter denken lässt. Im letzten Teil setzt dezente Perkussion ein, dann eine Trompete und das Stück geht nahtlos über in „We stay“ mit wuchtiger E-Gitarre und schleppender Perkussion. Auf acht Minuten hört man verzerrte Gitarre, dunkle Bläser, leicht dissonantes Klavier und Glockenspiel. Dieses dunkle Stück lässt einen verstehen,  warum es von Labelseite heißt, die Musik Taumels changiere „zwischen Utopie und Dystopie“. “Forever“ schaltet dagegen einen Gang zurück. Eine melancholische Trompete ertönt, dezente Perkussion setzt ein, ein Becken wird geschlagen und fast erwartet man, gleich trete Chet Baker ans Mikro. „Lost In Space“ hat dagegen mit fast schon dramatischen Trompetenpassagen symphonischen Charakter, bevor Reduktion einsetzt und sich eine verzerrte Rhodes in das Klangbild fräst. Das Album endet mit „Together“: wie eine einsame Sirene, vielleicht wie eine verhallende Mundharmonica setzt die Trompete ein. Hier wird man an Morricone erinnert, man denkt an Szenen, in denen Bewaffnete auf einen Zug warten und versuchen Fliegen zu fangen. (MG)

Label: Tonzonen Records