DENIS FRAJERMAN: Tiphaine

Mit seinem neuen Album hat der Komponist Denis Frajerman seiner Frau Tiphaine, die bereits als Vokalistin an seinen Produktionen mitgewirkt hat, ein besonderes Geschenk zu ihrem fünfzigsten Geburtstag gemacht. Eine ebenso große Freude macht der ehemalige Palo Alto-Musiker damit seinem hoffentlich wachsenden Publikum, denn “Tiphaine” offenbart trotz seines persönlichen Charakters vieles, das hier bereits als “Panorama zwischen Kammermusik [...] und cinematischer, leicht orientalisch angehauchter Musik” mit Spuren einer surreal anmutenden Exzentrik gefeiert wurde.

“Tiphaine” offenbart ein auf subtile Art vielschichtiges Stimmungsgemisch, das irgendwo in dem weiten Feld zwischen Spannung und einer gewissen Wehmut seinen Ort sucht und auf ganz reizvolle Art nie wirklich festzulegen bereit ist. Die Sammlung ist gerahmt von dem hochtönenden “Sur les Ailes”, dessen melodramatische Violinparts eine feierliche Ernsthaftigkeit betonen. Doch hat dieser Auftakt auch eine gewisse Schrillheit, die das ganze nicht zu schöngeistig wirken lässt, und irgendwann kommt sowieso eine aufwühlende Dramatik ins Bild, die jeder allzu friedvollen Besinnlichkeit eine Absage erteilt.

Dieses leicht Episodische, das innerhalb der einzelnen Stücke immer mal Tempo, Instrumenierung und Stimmung verändert, ist ein weiteres Merkmal der Musik. So variiert “Les Vagues à Venir”, das mit einem Tusch und bassunterlegten exotischen Rasseln beginnt zwischen (post-)punkiger Weltmusik und einem imaginären Filmscore dank melancholisch anmutender und leicht orientalisierender Streicherparts, deren Wehmut sich auf wundersame Weise mit einem hypnotisierenden Groove verträgt. Der Wechsel zwischen dem dunklen Pathos tieftönender Celloparts, aufwühlender Entgrenzungen und den Ornamenten einer lamentierenden Violine macht “Dans L’Air Absent” zu einem interessanten Narrativ, zu dem das kurze Interludium “Il y a des lèvres et des yeux”, bei dem schnell aufeinander folgende Töne mit beinahe orchestraler Wucht nach nach vorn preschen.

Immer wieder ereignen sich Momente starker Spannung, bei denen gerne in die Schatzliste filmisch-theatralischer Formen gegriffen wird. So erinnert “Au rythme d’un vent” mit seinen expressiven Geigen, seinen Rasseln und der pochenden Perkussion fast an einen leicht osteuropäisch angehauchten eurowestern mit Morricone-Soundtrack erinnerrt. Dabei lebt die Spannung auch sehr stark davon, das in den repetitiven Mustern nichts so monoton ist, wie es vordergründing scheint und immer wieder kleine Unregelmäßigkeiten ihren Raum haben. Schon deshab wird man nicht ganz “kalt erwischt”, wenn sich irgendwann ein weiterer, ganz anderer Rhythmus hinters Bild schiebt und einen Szenenwechsel einleitet.

Ein letzter Höhepunkt, bevor das Album mit einer kürzeren Version von “Sur ses Ailes” zyklisch endet, ist “Les dimanches glissants”, das wie ein höfischer Tanz aus einer unbekannten Tradition beginnt und nach und nach in ein Narrativ überleitet, in dem alle melancholischen, spannenden, exotisierenden, aufwühlenden Momente, die “Tiphaine” ausmachen, noch einmal auf die Bühe kommen, um sich gebührend zu verneigen. (U.S.)

Label: Klanggalerie