Ralf Wehowsky ist seit Jahrzehnten als Geräuschmusiker aktiv, ob in den 80ern mit P16.D4 oder dann auf einer ganzen Reihe von Soloalben und Zusammenarbeiten mit anderen. Auf diesen Seiten wurde z.B. seine zusammen mit Stephen Meixner gemachte Auseinandersetzung mit Schlagern besprochen. „Satanic Interventions“ ist – wenn man so will – Musik zur Zeit, nimmt das Album seinen konzeptionellen Ausgangspunkt doch in der Coronapandemie, die in den vergangenen Jahren verheerende Schneisen in unsere Gesellschaften geschlagen hat. Wehowsky zieht einen Vergleich zur Pest im Mittelalter und sieht Gemeinsamekiten beim Umgang mit diesen beiden Pandemien: „Denial of reality, conspiracy theories, searching for scapegoats“, es müssten sozusagen „satanic inventions“ verantwortlich sein für all das, was geschehe. Und tatsächlich hat man den Eindruck, dass anders als durch das (Er-)Finden einer strippenziehenden Macht für viele Kontingenzbewältigung nicht mehr möglich zu sein scheint. Wehowski fasst es knapp (und sicher nicht unzutreffend) zusammen: “Human stupidity never should be underestimated.” Man sollte das Album allerdings nicht als ein rein hoffnungsloses Fazit sehen, denn – wie in den Linernotes zu lesen ist: “new flowers do grow.” Für Wechowski ist das damals in der Musik ars subtilior, “Fragmente” dieser Musik finden sich dann auch auf dem Album.
Diamanda Galás hatte auf ihrer „Masque of the Red Death“-Trilogie anhand von Auszügen aus dem Alten Testament den Umgang mit HIV-Infizierten in den USA mit an Aussatz Erkrankten verglichen, die Stimmen, die auf „Satanic Inventions“ auftauchen, sind dagegen so bearbeitet, so „transformiert“, kollagiert und fragmentiert, dass sie (fast) ins Unverständliche aufgelöst werden, was auf insgesamt 15 Stücken zu oft beeindruckenden Resultaten führt: Auf „Early Symptoms” hört man verfremdete, kaum noch erkennbare, irritierte wie irritierende, verlangsamte Stimmen. Das knapp eineinhalbminütige „Normality, Lost #1“ ist durchzogen von dissonanten Streichern, die verschwinden, ganz so, als drehe man an einem Radioregler. „Fever Glazed Thine Ears ’1“ besteht aus Kratzen, leiernden Sounds, scheinbar rückwärts abgespielten Stimmen, Gesängen. „Normality, Lost #3“ klingt bedrohlicher mit seinem ambienten Dröhnen. Man hört Funksprüche („Fever Glazed Thine Ears #4“) oder Stimmengewirr („Out of Joint“), irgendwann heißt es dann: „die Leichenberge häufen sich“. (MG)
Label: Black Rose Recordings