AB UNO: Kkum 52

Leise, dezente Klänge hallen aus den Tiefen eines abgedunkelten Raumes – ein Dröhnen erklingt, auf- und abebbend wie kurz angestrichene Saiten eines Basses, und doch wird man den Verdacht nicht los, dass hier Synthiekünste praktiziert werden. Trippelnde Schritte verschaffen sich Gehör, oder sind es eher flinke Wassertropfen, die sich mit der Zeit fast zu einem kleinen Rinnsal bündeln? Wenn da etwas näher auf uns zukommt, dann kommt es sehr leise. Flötende, piepende Hochtöner tauchen auf, als Wegweiser in Richtung Elektronik, und eine flächeige Struktur schiebt sich irgendwann zwischen die Schichten der Klänge.

Erstmals erinnert man sich an die Stilistik Ab Unos, des aus Eugenio Petrarca und Roberto Di Ciaccio bestehenden Duos mit seinem Sound, der meist “im weiten Feld zwischen ethnographischen Feldaufnahmen und modularen Synthies oszilliert” und immer wieder von der Suche nach “etwas Urtümlichem, Archaischem” angetrieben scheint, “das sie an verschiedenen geografischen wie imaginären Orten der Welt aufspüren” – so schrieben wir vor etwas über einem Jahr in der Einleitung unseres Interviews.

Die zwei rund halbstündigen Ambienttracks, die das koreanische vurt.-Label jüngst auf einer Kassette herausbrachte, sind das Ergebnis einer Montage mehrerer Studioaufnahmen, die Ab Uno in den vergangenen Jahren an verschiedenen Orten auf der Basis von Stimme, Orgel, Field Recordings und v.a. modularen Gerätschaften aufgenommen haben. Was vom Label als “monolithische Drones mit modularen Melodiesequenzen” beschrieben wird, offenbart sich als bisweilen düsterer, rauschhaft-somnambuler Trip durch verwunschene Grenzregionen, die sich – je nach Glaubensentscheidung – ebenso in den Tiefen unseres Unbewussten als auch in den Weiten des Kosmos befinden können.

Im Laufe des die erste Kassettenseite ausfüllenden Stücks wird die Musik fließender, doch auch ein stetigerer Rhythmus hat sich längst aus den schon vorhandenen perkussiven Details herauskristallisiert, doch alles bleibt, bislang zumindest, dezent und verhalten, was – auch gerade im Zusammenspiel mit einer durchaus monumentalen Halllastigkeit – stark zum spannungsvollen, cinematischen Zug der Musik beiträgt. Immer wieder scheinen Reminiszenzen an die untrschiedlichten Eckdaten der Musikgeschichte anzuklingen, sogar Soli auf der Gitarre, die natürlich keine sind, und vermutlich ist all dies ohnehin primär eine Projektion des längst angefixten Rezensenten. Gangart, Fülle und Klangfarben verändern sich bis zum eher aufgewühlten Abschluss des Tracks noch das eine oder andere Mal, doch der spannungsvolle Zug

Singvögel und heitere Kinderstimmen leiten über in den zweiten Track, der – auf Basis von zunächst dröhnenden Synthiesounds – generell etwas mimentischer ausgerichtet scheint, raue, leicht kratzige Sounds erinnern an einen leichten Regen auf einem Blechdach, was keineswegs heißt, dass tatsächlich solche Geräusche verwendet worden sind. Dann wandelt sich die offensichtlicher elektronische Seite der Musik aber nach einigen Minuten in eine melodische Reise in vergangene Zeiten elektronischer Avantgarde, fast fühlt man sich auch an Moon Musick erinnert.

Im Laufe der halben Stunde entpuppt das Stück sich als episodisch, statischere Passagen und solche von einer verzückten Dynamik wechseln sich ebenso ab wie füllige Szenarien mit Momenten offener Weite. Einer der roten Fäden, die das ganze Szenario wie eine halb ausgeschilderter Weg durchziehen, ist die fast rauschhafte mollastige Entrücktheit, die einen derartigen Suchtfaktor entwickelt, dass man die hier gestaltete Welt kaum mehr verlassen will. (U.S.)

Label: Vurt.