Man erkennt eine Twelve Thousand Days-Platte in der Regel sobald sich der hochstürmende, ornamentale und immer jung wirkende Gesang Martyn Bates’ über den fließenden, doch nie zu lieblichen Gitarrenmustern von Alan Trench ausbreitet. Auf ihrem jüngst erschienenen neuen Album “Field’s End” erkennt man aber auch, wie vielgestaltig das Konzept des Eyless in Gaza-Gründers und des von Orchis, Temple Music und den Black Lesbian Fishermen her bekannten Instrumentalisten immer wieder gerät.
Eingängige, pastorale Folkballaden, für die der Stil des Duos eigentlich wie geschaffen scheint, machen nur einen Teil der Tracks aus, und selbst diese liefern zuverlässig Brechungen des nur Schönen mit: Im stimmungsvoll geschrammelten “Coral” schwimmt Bates’ Gesang durch einen tiefen See und taucht in gemächlichen Intervallen an die Oberfläche, und stets herrscht der Eindruck, hier werde Unerhörtes auf besonders sanfte Weise besungen, so dass es sich durch die versteckten Hintereingänge ins Bewusstsein der Hörer schleichen kann. In manchen Tracks wie “Drakestones” zeigt sich die Stimmarbeit weniger existiert und vor allem tiefer als gewohnt, lässt dasSetting weniger “präraffaelitisch anmuten, doch es sind die abstrakt wirkenden Samples, die das Stück nicht allzu leicht runterspülen. Gerade die weniger zugänglichen Momente dieser Musik setzen einen Anker in der Erinnerung und erschaffen das, was man gerne Wiedererkennungswert nennt. Ähnlich zwiespältig im besten Sinne sind Folknummern wie das von Alan gesungene und mit einer lieblichen Spieluhr begleitete “Black Mountain Side” und das wie ein Showdown anmutende Titelstück.
Oft ist es ein mysteriöses Rumoren im Hintergrund, dass den Songs eine gewisse raue Erdung verpasst und sie so quasi zur Kenntlichkeit entstellt. Die rauschende Dröhnung unter sanften Saitenanschlägen in “Wistman’s Wood” wirkt da ähnlich wie das mysteriöse Schaben in den untersten Schichten von “Adam and the Beasts”. Das Alasdair Clayre-Cover (es wurden außerdem Vashti Bunyan und Bob Pegg von Mr. Fox interpretiert!) kommt weitaus schwermütiger daher als das beinahe kämpferische Original. Zu dem Text über die ersten Menschen, die nach ihrem Platz in der Schöpfung fragen und von den weniger harmlosen Seiten ihrer Spezies erfahren, mag beides passen. Andere Tracks wie “More” steigern sich in lupenreinen Lärm.
Ich habe den Opener, das Black Sabbath-Cover “Planet Carava”, schon deshalb nicht als erstes genannt, um den viel strapazierten Begriff Psychedelic etwas zurück zu halten, aber er bietet sich natürlich an, und das Stück ist gleich eines der Highlights von “Field’s End”: Das gemächliche Tempo des entspannt ethnolastigen Originals beibehaltend wurde, sicher z.T. durch die hauchdünn hämmernden Takte, ein drängendes Moment hinzu gebracht, dass die im Text angedeutete Reise zu einem weitaus dringlicheren Unterfangen macht. Eine mehrstündige Version, wie sie ein passionierter Fan vom Original erstellte, wäre hier eine echte Herausforderung, und genau die stellt “Field’s End” auch im Ganzen dar, so sanft seine Klänge, mit denen es sich einschmeichelt, auf den ersten Blick auch sind. (U.S.)
Label: Final Muzik