TENSIÓN: Construcción

Das argentinische Post Punk-Quartett Tensión ist in seiner Heimat bereits seit ein paar Jahren Kult. Und da bei dieser Combo, vergleichbar mit den peruanischen Liquidarlo Celuloide, der Begriff Punk etwas fetter gedruckt gehört, sind die vier Musiker auch ein Vorzeigebeispiel dafür, dass von den frühen 80ern inspirierte Undergroundmusik nicht gefällig und trendanbiedernd klingen mus. Nach zwei Alben beim heimischen Soy Mutante-Label erschienen in den letzten zwei Jahren einige kleinere Releases. Die neueste ist eine digitale Single, bei denen sich zwei auch international bekannte Musiker fast ohne viel Brimborium ins Line-up geschlichen haben.

Der Titeltrack “Construcción” ist eine ins Spanische übertragene Interpretation des 1971 erschienenen Klassikers “Construção” des Brasilianers Chico Buarque, einem dem Widerstand gegen die Militärdiktatiur in seinem Land nahestehernder Sänger. Obwohl vom Bossa Nova-angehauchten Sounds des Songs wenig in der Coverversion zu hören ist, orientiert diese sich stark an dessen melodischer und harmonischer Struktur, wohinggegen der punkige Sound und die derbere Instrumentierung dem von der Verlorenheit des Exilanten kündenden Text eine andere Stimmung verleiht: die leicht erschöpfte und gleichsam stoisch anmutende Melancholie wird in eine kämpferisch-trotzige Aggressivität überführt, die den Track adäquat für ein veritables Punk-Setting macht.

Sänger Rodrigo, der in zweiter Funktion das Schlagzeug traktiert, wird hier von Carmen Burguess, der weiblichen Hälfte des Duos Mueran Humanos unterstützt, beim zweiten Song “Los nueve monstruos” hat sich ihr Partner Tomas Nochteff als Bassist angeschlossen. Der weitaus experimenteller geratene Song geht auf ein Gedicht des peruanischen Avantgarde-Autors César Vallejo aus den 30er Jahren zurück, das immer wieder musikalisch interpretiert worden ist. Er basiert mit einer von pyschedelischer exotica untermalter Rezeitation, die sich das ganze Stück hindurch in ihrer Intensität steigert und deren religiös anmutende Bildlichkeit ein Charisma entfaltet, dass auch bei geringen Sprachkenntnissen zu fesseln weiß.

Trotz ihres geerdeten, tendenziell warmen Klangs erzeugen Tensión mit ihrer Musik eine intensive Spannung, die durchaus ein Alleinstellungsmerkmal im gegenwärtigen Post Punk-Zirkus darstellt, und das ist neben dem Händchen für gelungene Neuinterpretationen ein weiterer Zug, der ihnen eine angemessene Aufmerksamkeit bescheren sollte. (U.S.)