EF: Mourning Golden Morning

Der unauffällige Bandname der drei Schweden mag ein Grund sein, weshalb mir die zwei ersten EF-Alben entgangen sind. Mit „Mourning Golden Morning“ sollen die Götheburger und ihre Gäste jedenfalls einen radikalen Stilwandel vollzogen haben. Wie dem auch sei, sie wandeln mit ihrem dritten Longplayer auf durchaus bekannten Wegen und liefern dabei überaus gelungenes Handwerk ab. Weiterlesen

V.A.: With Friends Like These

Der Weg des Tursa-Völkchens ist von einer beeindruckenden Geradlinigkeit und Unbeirrbarkeit geprägt. Seit den Anfangstagen von SOL INVICTUS scharte Tony Wakeford Musiker mit eigenen Projekten um sich, doch spätestens seit Mitte der 90er kann man von einer eigenständigen kleinen Szene sprechen mit nur noch losem Bezug zur sich immer mehr aufsplittenden World Serpent-Familie. Und als diese irgendwann in völlig unterschiedliche Richtungen auseinander fiel, stellte sich für Tony und seinen Anhang die Frage nie wirklich, ob man nun der „England’s Hidden Reverse“-Richtung näher stehe, oder jenen Sezessionisten, die damals die Neofolk-Szene so stark prägten. Weiterlesen

YEAR OF NO LIGHT: Ausserwelt

YEAR OF NO LIGHT wurde in unseren Breiten erst vor kurzem eine größere Beachtung zuteil, denn im Frühjahr spielten sie sich im Vorprogramm von SHRINEBUILDER durch sechs Konzerthäuser von Hamburg bis Wien und gleichsam in die Herzen der deutschsprachigen Stoner- und Sludge-Community. Seitdem taucht der Name der Franzosen immer wieder in einem Atemzug mit recht unterschiedlichen Bands auf, beispielsweise den unlängst verblichenen ISIS, den schwer rubrizierbaren WOLVES IN THE THRONE ROOM und den ähnlich gelagerten Iren von ALTAR OF PLAGUES. Weiterlesen

FURSAXA: Mycorrhizae Realm

Seit Jahren veröffentlicht Tara Burke unter dem Namen Fursaxa Alben, die sich einer einfachen Kategorisierung (Schublade „Weird Folk“ auf und wieder zu) widersetzen. Was Stimmung wie Stimme anbelangt, könnte man fast soweit gehen und sagen, dass Fursaxa näher an Nico als an Vashti Bunyan oder Shirley Collins ist (eine Einschätzung, die einige andere Rezensenten zu teilen scheinen). Teilweise erinnert Burke auch etwas an Sharron Kraus (mit der sie auf dem Projekt Tau Emerald zusammengearbeitet hat). Weiterlesen

ANDREW LILES: Monster Munch E.P.

Unter dem Monströsen versteht man traditionell die (furchteinflößende) Steigerung des Grotesken und Bizarren. Es ist auch eine Art Warnsignal, denn Monster sind in der Regel gefährlich. ANDREW LILES, unter anderem bekannt von seiner mittlerweile sehr maßgeblichen Beteiligung bei NURSE WITH WOUND und auch als Solokünstler längst ein Held der Experimentalszene, scheint mit seiner neuen „Monster“-Veröffentlichungsreihe in seinem Element zu sein. Seit jeher sind seltsame, irritierende Formen Teil seiner Klänge, Titel und Grafiken. Weiterlesen

JOOLIE WOOD: 45 Birds

In Zeiten, in denen nahezu jeder musikalische Gehversuch in irgendeiner Form an die Öffentlichkeit gerät, sind Künstler wie JOOLIE WOOD eine wertvolle Seltenheit – Künstler, welche die Resultate ihres Schaffen lange heranreifen lassen und keine Eile haben, erst nach und nach aus dem Schatten bekannterer Bands herauszutreten und mit einer eigenen Karriere ernst zu machen. Rund zwanzig Jahre stellte Joolie ihre Künste an diversen Instrumenten in den Dienst anderer, erst 2006 erschien ihr Debüt “Tales Of Colour And White”. Soeben ist ihre zweite, diesmal audiovisuelle, EP erschienen. Weiterlesen

HARVEY MILK: A Small Turn Of Human Kindness

Ein riesiger Felsblock bahnt sich einer enormen Walze gleich seinen Weg durch ein ödes Wüstenszenario. So zumindest könnte die erste bildliche Assoziation aussehen, die “A Small Turn of Human Kindness”, der neueste Wurf der aus Athens, Georgia, stammenden Metaller um Sänger Creston Spiers, weckt. Vielleicht würde das Bild einer ungeschlachten, großen Maschine noch ein bisschen besser passen, die sich auf wuchtigen Stahlpranken durch die urtümliche Landschaft bewegt – langsamen und behäbigen Schrittes, und doch alles unter sich begrabend. Sind es die Schmerzensschreie der Zermalmten, oder mehr die Wut des mechanischen Ungetüms selbst, die das in seiner Monotonie dennoch infernalische Growlen hervorrufen? Weiterlesen

KAREN ELSON – The Ghost Who Walks

Karen Elsons Karriere als Musikerin hat aus zwei Gründen einen guten und einen schlechten Start. Zum einen ist sie ein erfolgreiches Model, das sich vor kurzem entschied, mit seinem bisherigen Steckenpferd, dem Singen und Gitarrespielen, ernst zu machen. Zum anderen ist sie die Gattin ihres Produzenten und Verlegers Jack White, seinerseits bekannt durch THE WHITE STRIPES, THE RACONTEURS und THE DEAD WHEATHER. Gut daran ist, dass Karen gleich einen Namen hat und ihre Zeit nicht mit Klinkenputzen und Spielen für lau vergeuden muss. Schlecht daran ist, dass sie erst beweisen muss, es eventuell auch ohne Starthilfe geschafft zu haben, wovon man die größten Nörgler und Spötter wohl nie überzeugt. Weiterlesen

COCOROSIE: Grey Oceans

Das Schlimmste, was man COCOROSIE vorwerfen könnte, ist im Grunde nicht einmal ihre Schuld, sondern die der medialen Aufbereitung – ihre angebliche Rolle als Gallionsfiguren innerhalb einer vermeintlichen Blütezeit von Schrägheit, neuem Folk und Gender Transgression, sowie der ständig wiederholte und schon immer etwas oberflächlich wirkende Vergleich mit Joanna Newsom. Natürlich sind die beiden Casady Schwestern mit den ungleichen Lebensgeschichten kataloghaft exzentrisch, was immer das nun aussagt. Zudem schauen sie auch noch aus wie aus dem Bilderbuch. Weiterlesen

ELIJAH’S MANTLE: Observations of an Atheist

1993 erschien auf dem eigenen kleinen Label De Nova Da Capo und von World Serpent vertrieben das Debüt „Angels of Perversity“ des Projekts von Mark St. John Ellis, auf das damals einige vielleicht primär wegen der Beteiligung Brendan Perrys (Dead Can Dance) aufmerksam wurden. Der ursprünglich aus der Theaterszene stammende Ellis, der vorher schon ein Projekt namens Masque hatte, kombinierte auf dem Debüt wie auch auf den beiden folgenden Alben elektronische Klänge Weiterlesen

JEX THOTH: Whitness

Dass Frauen-Doom derzeit eine kleine Blüte erlebt, hat sich mittlerweile sicher bis in die letzten Ecken der Subkultur herumgesprochen. Besondere Aufmerksamkeit verdient dabei die kalifornische Band JEX THOTH mit ihrer gleichnamigen Sängerin, die seit ihrem selbstbetitelten Einstand 2008 locker neben den auch highbrowmäßig rezipierten BLACK MOUNTAIN und den herrlich sleazigen ELECTRIC WIZARD bestehen kann. Mit schleppenden Gitarrenwänden, psychedelischen Orgeln und ausdrucksstarkem Gesang lässt man die Zeit früher BLACK SABBATH oder der legendären COVEN wiedererstehen. Weiterlesen

ROZZ WILLIAMS: The Lost Recordings

Rozz Williams hat spätestens mit seinem Freitod am 1. April 1998 endgültig (s)eine Apotheose erfahren und ist in den Olymp (oder besser: Hades) eingekehrt. Obwohl primär durch seine songorientierten Arbeiten verkultet –  Christian Deaths 1982 erschienenes Debüt „Only Theatre of Pain“ dürfte eines der besten Death Rock-Alben aller Zeiten sein,  Shadow Projects zweites Album „Dreams for the Dying“ fügte gothischer Grundstimmung komplexe und experimentelle Strukturen hinzu, seine zwei sicher von Jim Morrisons „American Prayer”-Album beeinflussten Spoken Word- Alben präsentierten Szenarien gespeist aus Heroin- und Alkoholabusus, aus Depression(en) und (A-)Religiosität. Weiterlesen

„Nothing is for all/in this colony of puppets“ – Interview mit Thomas Ligotti

Thomas Ligotti gehört zu den originellsten und talentiertesten Verfassern unheimlicher Literatur. Während andere Autoren ihre Texte dank Textverarbeitungsprogrammen zu endlosen Romankonvoluten aufblähen, an deren Ende der Einbruch des Unheimlichen in die Welt meistens abgewendet werden kann, also der (konventionellen Rezeptionsbedürfnissen entgegenkommende) wärmende Mantel des Happy Ends den Leser wohlig umhüllt, die Unordnung – natürlich – wieder in Ordnung ist, hat sich Ligotti weitgehend Kurzgeschichten gewidmet Weiterlesen

EVELYN EVELYN: Evelyn Evelyn

Über EVELYN EVELYN sind im Vorfeld schon viele Worte verloren worden, für Neueinsteiger sei der Stand der Dinge noch einmal kurz rekapituliert: Evelyn Evelyn sind Amanda Palmer und Jason Webley, erstere auch als Sängerin bei THE DRESDEN DOLLS bekannt, letzterer ein Folkvirtuose an verschiedenen Instrumenten und vielleicht so etwas wie die amerikanische Antwort auf POEMS FOR LAILA. Unterstützt werden sie von einer ganzen Reihe an Backgroundsängern und anderen Musikern, zu denen auch „Prominenz“ wie Andrew WK und Cobain-Tochter Frances Bean zählt. Weiterlesen

TREMBLING BELLS: Abandoned Love

Alex Neilson ist ein Drummer vom Kaliber eines Emil Amos, und Lesern des Black ist er wahrscheinlich noch am ehesten vom jüngeren CURRENT 93-Lineup her bekannt. Neben seinen zahlreichen Beiträgen zu anderen renommierten Künstlern (zu nennen wären außerdem BABY DEE, JANDEK, THE RED KRAYOLA und das menschliche Theremin JOSEPHINE FOSTER) hat Neilson eigene Gruppen ins Leben gerufen. Nach dem Glasgower Folkkollektiv SCATTER ist dies vor allem das weniger experimentelle Songprojekt TREMBLING BELLS, welches im vorigen Jahr mit dem Album “Carbeth” debütierte. Weiterlesen

SIEBEN: Star Wood Brick Firmament

Es gibt diese Platten, die man kaum greifen kann – greifen in dem Sinne, dass man sich ihnen begrifflich annähern und eventuell das, was man für das Wesentliche daran hält, klar umreißen und definieren könnte. Nicht selten handelt es sich gerade dabei um Musik, die einen besonders gefangen nimmt, die verführerisch, einschmeichelnd und dennoch auf Langzeit herausfordernd ist. Der Name des Violinisten Matt Howden steht für eine Art von Musik, die immer wieder eine solche Wirkung erzielen kann. Dies gilt besonders für sein recht eigenwilliges Hauptprojekt SIEBEN. Weiterlesen

CARTA: An Index Of Birds

Kyle Monday scheint es nicht sehr eilig zu haben, mit seiner in der Besetzung häufig wechselnden Band CARTA eine umfangreiche Diskografie vorweisen zu können. Schon kurz nach der Jahrtausendwende in der kalifornischen Bay Area gegründet, dauerte es ein halbes Jahrzehnt, bis der erste Longplayer „The Glass Bottom Boat“ das Licht der Öffentlichkeit erblickte. Es war die Zeit, als Begriffe wie Postrock (noch immer) und Shoegaze (erneut) in aller Munde waren, weshalb sie jenseits des großen Wassers auch mit Handkuss von Kritikern und Publikum empfangen wurden. Vielleicht ist die Tatsache, dass im deutschsprachigen Popdiskurs seit Jahren ein Abgrund zwischen Subkultur und progressivem „Indie“-Mainstream konstruiert wird, ein Grund, dass CARTA in unseren Breiten bislang der Empfang mit Pauken und Trompeten verwehrt blieb. Weiterlesen

LITTLE ANNIE & PAUL WALLFISCH: Genderful

Little Annie, vormals Annie Anxiety, zählt zu denjenigen Künstlerinnen, bei denen man eine seitenlange Biografie voranschicken könnte. Man könnte zahlreiche Medien und Genres benennen, in denen die Wahl-New Yorkerin in den letzten dreißig Jahren tätig war, unzählige Kollegen aufzählen, mit denen sie neben MARC ALMOND, COIL und CRASS noch gearbeitet hat und – potentielle Neu-Fans damit hoffnungslos verschrecken. Annie Bandez verfügt über eine großartige Soulstimme in Alt, und hat in Paul Wallfisch, bekannt von den Gruppen BOTANICA und FIREWATER, einen virtuosen Pianisten gefunden, dessen Spielweise bestens mit ihrem Gesang fusioniert – zur nicht unwesentlichen Bereicherung jenes musikalischen Feldes, das der gängige Jargon gerne Torch-Song nennt. Weiterlesen

WALTON FORD: Pancha Tandra

Der aus Neu-England stammende Künstler Walton Ford ist einer der wenigen gegenwärtigen Tiermaler, die den Sprung aus den Naturkundemuseen in die “Welt der Kunst” geschafft haben – wobei man gleich zu Beginn auf die Unsinnigkeit dieser Gegenüberstellung verweisen muss, denn Kunst mit den Gewohnheiten des Feuilletons und dem gängigen kunsthistorischen Lehrprogramm gleichzusetzen, kann nur auf einfallslosen Vorstellungen beruhen. Weiterlesen