THE OWL SERVICE: The View Fron A Hill

Man mag von Folkbands mit sehr starkem Rekurs auf die Jahre um 1970 halten, was man will – neben den bereits vorgestellten TREMBLING BELLS und Sängerinnen wie SHARRON KRAUS haben auch THE OWL SERVICE das Potenzial, Anhänger von Veteranen wie THE PENTANGLE, TREES oder MELLOW CANDLE positiv zu überraschen. Nur soviel zu den obligatorischen Vergleichen, die man schlecht unter den Tisch fallen lassen kann, zumal Alison O’Donell von letztgenannter Band an den neuesten Aufnahmen mitgewirkt hat. Weiterlesen

HYBRYDS: Urban Rituals

Mitte der 80er rief ein Künstler namens Sandy Viktor Nijs, der sich Magthea nennt, ein Musikprojekt ins Leben, das für Jahre die Vorstellung dessen mitprägen sollte, was man gängigerweise unter dem Genre “Ritual Industrial” versteht: die HYBRYDS. Weitgehend unerkannt von den Augen und Ohren der Musikethnologen impliziert ihr Sound die Vorstellung einer archaischer Ritualistik, transponiert in ein post-industrielles Setting. Auch nach rund fünfundzwanzig Jahren verfolgen die Hybryds ihre Richtung weiter, soeben erschien ihr neuestes Album. Weiterlesen

ANEMONE TUBE: Dream Landscape

Das deutsche Dark Ambient- / Noiseprojekt kehrt nach längerer Pause (zuletzt hatte ich sie auf der bei Auf Abwegen erschienenen Zusammenarbeit mit Christian Renou wahrgenommen) mit einem großformatigen CD/DVD-Paket zurück, das als erster Teil der so genannten „Suicide Series“, die auf an verschiedenen Orten gemachten Feldaufnahmen basiert, konzipiert ist und aufgrund der Gestaltung wie eine (Ver-)Weigerung wirkt, (illegale) Downloads (bzw. MP3s als dominantes Medium) zu akzeptieren. Weiterlesen

LAETITIA SADIER: The Trip

Wer den Namen Laetitia Sadier hört, denkt zunächst an STEREOLAB, jene experimentierfreudige Londoner Band, die mit als erste den Stempel „Post Rock“ verpasst bekam und sich bereits durch eine Gemeinschaftsarbeit mit NURSE WITH WOUND verdient gemacht hatte. Zu Beginn der 90er wurde die Band nämlich von Sadier und ihrem damaligen Partner Tim Gane aus der Taufe gehoben, und ihr etwas spröder Gesang galt seither als eines der Markenzeichen der Band. Weiterlesen

ARGINE: Umori D’Autunno

Würde man die wichtigsten Italo-Folker auf einer Skala einordnen, die von „psychedelisch schräg“ bis „glasklar nostalgisch“ reicht, so wären ARGINE aus Bella Napoli recht nah beim letztgenannten Pol anzuordnen. Mit der (mich nur bedingt überzeugenden) Terminologie aus Rigobert Dittmanns Essay „Heldendämmerung“ gesprochen, sind sie viel eher Idealisten als Nihilisten. Argine mit ihrem kraftvoll-punkigen Vorzeige-Neofolk sind nach sechs Jahren wieder da, und sie machen ihre Sache leidenschaftlich gut. Weiterlesen

V.A.: Rough Trade Shops Psych Folk 10

Was ist eigentlich Psychedelic Folk? Die Kenner werden die Nase rümpfen, und wenn sie auf dem neuesten Stand der Dinge sind, dürfen sie, schon um sich um eine allzu schulmeisterliche Definition zu drücken, auf die Monografie „Seasons They Change“ von Jeanette Leech verweisen, die in Kürze erscheinen wird, und bei entsprechender Zeit und Muse auch bei Black Online gewürdigt werden soll. Das Lästern über diverse Folk-Präfixe und ihre allzu vollmundige Verwendung hat ja auch in diesem Magazin eine gewisse Tradition. Anlässlich der gerade beim vermeintlichen Indie-Riesen Rough Trade erschienenen „Psych Folk 10“-Compilation sollte man vielleicht noch einmal rekapitulieren, wovon man spricht. Weiterlesen

SLEEP CHAMBER: Satanic Sanction

Der Amerikaner John Zewizz ist seit Ende der Siebziger (mit Sleep Chamber seit Anfang der 80er) musikalisch aktiv und gehört zur zweiten Industrialgeneration: Mit Sleep Chamber (und einer Reihe von Seitenprojekten) und seinem Label Inner-X-Musick (auf dem neben eigenen Projekten auch Werke von u.a. Controlled Bleeding und Hunting Lodge veröffentlicht wurden) bewegte er sich thematisch am Nexus zwischen Magie (was durch die an TOPY angelehnte eigenwillige  Orthographie und das Artwork sehr offensichtlich wird) und Sex Weiterlesen

SABBATH ASSEMBLY: Restored To One

Sabbath Assembly, benannt nach der wöchentlichen Zusammenkunft der Process Church of the Final Judgment und bestehend aus Jex Thoth und David Nuss – mit Unterstützung von Produzent Randall Dunn, vertonen auf ihrem Debüt Hymnen eben jener von Robert und Mary Ann de Grimston Anfang der 60er gegründeten Gruppe, die schon recht früh auch popkulturell Spuren hinterlassen hat; so zitierte George Clinton auf den ersten  Funkadelicalben de Grimston. Weiterlesen

CURRENT 93: Baalstorm, Sing Omega

Will Oldham schrieb in den Linernotes zur Compilation „Judas as Black Moth” über David Tibets Projekt: „Current 93 exists at the eye of a salutary storm; one that yields fear from fear, awe from awe and love from love.” Diese Sturmmetaphorik durchzieht das gesamte neue Album. Anlässlich der beiden Auftritte im HMV Forum bezeichnete Sebastian Horsley – der „Dandy in der Unterwelt” – einen Dichter als jemanden, der seine Faust emporstreckt und hofft, dass ein Blitz einschlagen werde. Weiterlesen

NOVELLER: Desert Fires

Ich kann nicht umhin, mir die Wüstenfeuer, die dem neuen NOVELLER-Album den Namen geben, als nur schemenhaftes Glühen am nächtlichen Horizont vorzustellen, aller naiven Farbenpracht des Covers zum Trotz. Höchstwahrscheinlich lassen die klangvollen Variationen auf der elektrischen Gitarre, in ihrer Entrücktheit und Intensität an hypnotische Dämmerzustände erinnernd, am ehesten derart nächtliche Assoziationen zu. Weiterlesen

THE GREAT PARK: If You Can Hold It You Can Throw It

Das Kontrastieren von schönen, mitunter gar idyllisch anmutenden Klängen mit bitteren oder zumindest doppelbödigen Lyrics ist seit jeher eines der beliebtesten Vexierspiele der Musik. Doch Vorsicht ist geboten, denn so etwas kann schnell bemüht wirken und nach hinten losgehen, und ehe sich der Künstler versieht, lautet das Urteil der feindseligen Schreiberzunft: „plakativ“. Wenn das Ganze sich jedoch nicht allzu demonstrativ durch ein ganzes Album zieht, sondern eher mit beiläufiger Selbstverständlichkeit vonstatten geht, kann so etwas nach wie vor seine Wirkung haben. Weiterlesen

ROWLAND S. HOWARD: Pop Crimes

Rowland S. Howard verdient es wie wenige, als Pionier und Urgestein des Postpunk bezeichnet zu werden. Zusammen mit Nick Cave und Mick Harvey schrieb der Australier mit Bands wie BOYS NEXT DOOR und THE BIRTHDAY PARTY Musikgeschichte, emanzipierte sich als Gitarrist mit der Band CRIME AND THE CITY SOLUTION und als Sänger mit THESE IMMORTAL SOULS. Später arbeitete er mit Lydia Lunch, den NEUBAUTEN und vielen anderen und legte zum Millennium sein erstes Soloalbum vor. Letztes Jahr arbeitete er an dessen Nachfolger „Pop Crimes“, das sein Comeback einleiten sollte. Aus dem Comeback wurde allerdings ein Abschiedsgeschenk, da Howard kurz vor Jahresende an einem Leberleiden verstarb. Weiterlesen

ANDREW LILES: Where The Long Shadows Fall

„And formless we lay and shall dream“

Eine Taxonomie von Coverversionen zu entwerfen ist schwierig, aber vielleicht könnte man folgenden Vorschlag machen: Da gibt es die gefühlt größte Gruppe der Reproduktoren, die meistens bar eigener Fähigkeiten und Originalität versuchen ein Stück Ton für Ton nachzuspielen, auf dass ein Teil des Glanzes des Originals auf das eigene Schattendasein falle. Meistens fällt aber nur der Erzeuger – und zwar aus sehr niedriger Höhe. Dann gibt es die Assimilatoren, die sich fremde Stücke einverleiben, um sie verdaut und transformiert zum Teil des eigenen Oeuvres machen. Weiterlesen

ANIMAL COLLECTIVE: Oddsac

Pantomimisches Musikvideo? Schamanistischer Backwood Thriller? Organischer Horror? Surreales Spektakel? Nichts könnte belangloser sein, als beim neuen Album des ANIMAL COLLECTIVE, das diesmal ein audiovisuelles ist, nach einer Verortbarkeit in vorgefertigten Schemata zu suchen. Zusammen mit dem Videokünstler DANNY PEREZ, dem die Band bereits einige Clips und jüngst eine audiovisuelle Installation im New Yorker Guggenheim Museum verdankt, haben Avery Tare, Geologist und Deakin, die dank einzelner Songs gelegentlich dem Folk zugerechnet werden, fünf Jahre lang an ihrem visuellen Album „Oddsac“ gearbeitet. Das Resultat ist beachtlich und straft all jene Lügen, die am Hipster-Image der Gruppe festhalten. Weiterlesen

STONE BREATH (with THE FOREST BEGGARS): The Shepherdess and the Bone-White Bird

Auf Timothy Renners Website lostgospel.org findet sich eine Zeichnung, auf der das (oft schwer zu durchschauende) „tangled web“ von seinen Bands/Projekten abgebildet ist. Seine bekannteste Band dürften Stone Breath sein, die lange bevor Weird Folk ein Modewort wurde, eine eigenwillige Form der Folkmusik spielten und deren Texte immer auch von Timothys spiritueller Suche zeugten. Weiterlesen

MARC ALMOND: Varieté

Das Wort „Varieté“ leitet sich ursprünglich von „Vielfalt“ ab. Zurecht, denn man bezeichnet damit eine Art Theater, in welchem die unterschiedlichsten Kleinkünste auf die Bühne gebracht werden. Kabarettistische Aufführungen, Gesangseinlagen, Tanz und allerlei Bizarres. Es gäbe wohl kaum ein passenderes Wort, um Marc Almonds derzeitigen Stand seiner Karriere zu überschreiben, bedenkt man wie umtriebig und vielseitig der Sänger seit seinem Comeback wieder in musikalischen Gefilden unterwegs ist. Weiterlesen

BONNIE ‘PRINCE’ BILLY & THE CAIRO GANG: The Wonder Show Of The World

An Will Oldham scheiden sich seit Jahren die Geister. Während die einen Tiefe und subtile Bedeutungsfülle in seinen Songs erkennen, sehen die anderen in ihm einen unermüdlichen Garanten der Ermüdung, der Idiosynkrasie in Verbindung mit gepflegtem Dahinplätschern stets ähnlicher Klänge. Aus einer gewissen Nahdistanz heraus ist es vielleicht nicht abwegig, bei der Beurteilung seines mittlerweile umfangreichen Gesamtwerks recht ambivalent zwischen beiden Positionen zu changieren. Weiterlesen

ALLSEITS: Hel

ALLSEITS ist der Zwilling von ALL SIDES, dem etwas bekannteren Projekt der Bremer Drone-Spezialistin Nina Kernicke. Ob die beiden Bälger nun aus einem Ei stammen sei dahingestellt. ALLSEITS ist jedenfalls – Freunde des Dark Ambient aufgemerkt – der unterkühltere von beiden, denn im Unterschied zum basslastigeren, organischen Klangmaterial des Schwesterprojektes stehen hier eisig-metallische Klangflächen vorwiegend elektronischen Ursprungs auf dem Programm, die durch ein Land voll unklar umrissener Schatten führen und eine subtile, bedrohliche Stimmung generieren. Weiterlesen

LISA O PIU: Behind The Bend

Kein Jahr nach ihrem Debüt „When This Was The Future“ legt die schwedische Folkband um LISA ISAKSSON nun mit dem als Minialbum konzipierten „Behind the Bend“ nach. Fallen einem Unterschiede ins Auge, so betreffen diese wohl zunächst den visuellen Rahmen – dort zeichnet sich nämlich eine noch stärkere Abkehr von zivilisatorisch konnotierten Bildmotiven ab. Die Wegweiser zeigen in Richtung Natur, ebenso sehr in Richtung eines neuromantischen bis äthetizistischen Retro-Jugendstils. Weiterlesen