FURSAXA: Mycorrhizae Realm

Seit Jahren veröffentlicht Tara Burke unter dem Namen Fursaxa Alben, die sich einer einfachen Kategorisierung (Schublade „Weird Folk“ auf und wieder zu) widersetzen. Was Stimmung wie Stimme anbelangt, könnte man fast soweit gehen und sagen, dass Fursaxa näher an Nico als an Vashti Bunyan oder Shirley Collins ist (eine Einschätzung, die einige andere Rezensenten zu teilen scheinen). Teilweise erinnert Burke auch etwas an Sharron Kraus (mit der sie auf dem Projekt Tau Emerald zusammengearbeitet hat). Betrachtet man das Cover, das einen Teil einer Heide zeigt, darf man nicht vergessen, dass der Heide nach der Landschaft benannt ist, also nach einem Platz abseits (des Lichts) der Stadt, ein Ort, der nicht greifbar ist, an dem die Ratio ausgeschaltet ist, der von einem „Kobold Moon“ (Titel eines 2008 veröffentlichten Albums) beleuchtet wird und an dem Mysterien noch immer existieren. „Mycorrhizae Realm“ ist das erste in einem „richtigen“ Studio aufgenommene Album, nämlich in Greg Weeks’ Hexham Head, der das Album auch produziert hat. „Lunaria Exits the Blue Lodge“ ist ein zweiminütiges Stück, das sich als Intro verstehen lässt und die Stimmung und Instrumentierung vorgibt: Glöckchen, Flöten, (von Mary Lattimore gespielte) Harfe und getragener Gesang erzeugen eine rätselhafte Atmosphäre. „Poplar Moon“ klingt nach mittelalterlicher Musik; das Cello wird (wie auch auf zwei weiteren Tracks) von Helena Espvall, mit der Tara Burke das Projekt Anahita betreibt, gespielt: Das ist Klagemusik mit einer manchmal an Christa Päffgen erinnernden Schwere. Wenn Burke auf „Celosia“ „now is the season of the harvest time“ singt, dann kann, dann muss man das fast schon unweigerlich als Drohung auffassen, und an eine durch Mutterkorn vergiftete Ernte, an vom St. Antoniusfeuer zerstörte Gliedmaßen, an den Schnitter, den grim reaper, der die Menschen aberntet, denken. „Well of Tuhala“, auf den gleichnamigen Hexenbrunnen in Estland verweisend, ist erneut getragene, fast schon sakral zu nennende Musik. In „Ode to Goliards” preist Burke die so genannten Goliarden, die im Mittelalter satirische, die Kirche kritisierende Dichtung verfassten. Der Titel des Albums bezeichnet eine Symbiose, die Pilze mit anderen Pflanzen eingehen, und denkt man bei Fursaxa an Pilze, muss man unweigerlich an Psilozybin denken, an die Reinigung der Pforten der Wahrnehmung – ein frühes Album heißt bezeichnenderweise „Mandrake“. Mit Bands wie Spires That In The Sunset Rise gehört Fursaxa zu denen, deren Folk nicht von einem hippieesken „Love, Peace and Harmony” (Morrissey) geprägt ist.  Früher steckte  man Pferden Stechapfel in den Anus um sie für den Verkauf etwas aufzufrischen. Fursaxa geben dem (Weird) Folk eine willkommene Infusion aus Datura und Tollkirsche um ihn wieder lebendig zu machen – nur dürfte bei Fursaxa die Wirkung länger anhalten als bei einem lahmen Gaul.

(M.G.)