ÄÄNIPÄÄ: Through A Pre-Memory

Dass der ewige Drone inzwischen Einzug in viele Bereiche populärer Musik gefunden hat, daran ist Stephen O’Malley sicher nicht ganz unschuldig, gab es doch in den letzten Jahren keine Musikpublikation, in der nicht in jeder Ausgabe mindestens einmal ein Verweis auf Sunn O))) zu finden gewesen wäre. Dies und die Tatsache, dass Genres, die mit (scheinbar) einfachen und begrenzten Mitteln arbeiten, vielleicht noch einmal besonders viele anziehen und (vermeintlich) inspirieren, hat dazu geführt, dass die Zahl der Nachahmer inzwischen Legion ist (und manche von diesen vielleicht ebenfalls in eine Schweineherde ausgetrieben werden sollten).

O’Malley hat in den vergangenen Jahren zahlreiche Soloaufnahmen gemacht und während Partner Greg Anderson sich auf Southern Lord stärker „traditioneller“ Labelarbeit gewidmet hat, war der inzwischen in Paris lebende O’ Malley oft im Kontext von Museen, Gallerien und Theater unterwegs.

Bei dem an Umlauten reichen Projekt ÄÄNIPÄÄÄ arbeitet er mit Mika Vainio zusammen; vor einigen Jahren hatten Sunn O))) zusammen mit PanSonic anlässlich der 10′-Reihe zu Alan Vegas 70. Geburtstag schon zusammen Suicides „Che“ interpretiert. Vainios Discographie ist ebenfalls umfangreich und von einer ähnlichen Lust am Experiment und an der Überschreitung von (Genre-)Grenzen gekennzeichnet wie die O’Malleys.

Das 20-minütige „Muse“, mit dem das Album beginnt, lässt Raum, ist transparent: ein schleppender Beat, eine kaum verzerrte Gitarre. Dann beginnt Khanates Alan Dubin mit der Rezitation eines Textes der russischen Autorin Anna Andrejewna Achmatowa, wobei sich der Vortrag anfangs bizarrerweise wie eine alte Wachszylinderaufnahme von Crowley anhört. Nach kurzer Zeit allerdings meint man dann einen verzweifelten Kastraten zu hören, bevor markerschütternde, fast entmenschlichte Schreie beginnen. Dubins Gesang ist aufgrund der recht kargen Instrumentierung stärker im Vordergrund als bei seiner Stammband und klingt dann auch noch irritierender und verstörender. Inmitten der Geräusche und Echos glaubt man dann tatsächlich, man werde Zeuge von etwas extrem Schmerzvollem. Das instrumentale „Toward all Thresholds“ ist dagegen dichter, die unruhigen Drones lassen entfernt an David Jackman denken, bevor nach sieben Minuten Gitarren und Beats einsetzen und das Stück hektischer wird. „Mirror of Mirror Dreams“ ist wesentlich zurückhaltender, teilweise kontemplativ – fast möchte man das als Ambient bezeichnen – und die von Eyvind Kang – der auch schon auf Sunn O)))s bislang letztem Studioalbum „Monoliths and Dimensions“ mitgewirkt hatte – arrangierten Streicher lassen kurzzeitig sogar, was die Stimmung anbelangt, an Christoph Heemanns und Andreas Martins leider nicht mehr aktives Projekt Mirror denken. Das ist dann die Ruhe vor „Watch Over Stillness/Matters Priciple“: Riffs, Beats und der erneut wahnsinnige Gesang Alan Dubins. Damit knüpft man klar an „Muse“ an. Irgendwann dann flüstert er nur noch und die Gitarren erinnern an das, was O’Malley sonst mit/bei Sunn O))) macht. Sehr starke Platte, die Epigonen ganz klar auf ihre Plätze verweist.

M.G.

Label: Editions Mego