Mit Z’ev und Simon Balestrazzi treffen zwei Urgesteine des Industrial aufeinander, die die Szene seit mehr als drei Jahrzehnten geprägt haben und doch immer recht untypische Pionierarbeit geleistet hatten. Stefan Joel Weissers Beitrag zur Musikgeschichte wirkt formal betrachtet nahezu minimal und lässt sich auf eine Metallperkussion beschränken, die ihren rituellen Wert erst offenbart, wenn man sich vollends darauf einlässt. Im dystopischen Lärm der Industrial Culture fand er einen Rahmen, bei dem er – u.a. in zahlreichen Kollaborationen – seinem Stil immer neue Facetten entlocken konnte. Von Balestrazzi und seiner früheren Kultband T.A.C. könnte man unzählige Stücke nennen, die kaum nach Industrial klingen, sondern nach eigenwilligem Folk oder Krautrock. Und doch war auch er aufgrund seiner Cut-Up-Techniken, seiner strengen Konzeptualität und seiner Respektlosigkeit gegenüber Genres immer Teil dieser späten Avantgarde und hat mit zahlreichen Musikern gearbeitet, die in der Szene noch einen Rolle spielen sollten.
Z’ev und Balestrazzi begegneten sich wiederholt und erschienen zusammen auf Platte, doch den Anstoß zur ersten richtigen Kollaboration gab ein 2007 im sardinischen Cagliari gespieltes Konzert des Amerikaners. Z’ev ließ seine Metallteile in einer ehemaligen Mine aufeinanderprallen, die den vielsagenden Namen Cavità delle Cinque Colonne (Höhle der fünften Kollonne) trägt, was dem postapokalyptischen Scheppern im buchstäblichen Underground etwas Geheimnisvolles beigibt. Balestrazzis Idee setzt gerade da an – die beiden trafen sich und editierten das vor Ort aufgenommene Material so, dass das Schemenhafte, Dunkle, Unbestimmte besonders hervortrat. Das resultierte in einer knappen Stunde verrauschter Düsternis.
Beim Auftakt aus hintergründigem Dröhnen könnte man noch an das Intro einer morbiden Ambientplatte denken, doch wenn Z’ev erst seine Blechteile rumpeln lässt, bekommt die Musik eine rituelle Färbung, die sich das ganze Album über hält, auch dann, wenn die rhytmischen Detonationen im grauen Nabel von Balestrazzis Dröhnung verschwinden. Manchmal dringt die Perkussion dann in Form von Klingeln und Rasseln wieder an die Oberfläche, doch Balestrazzi drosselt den rhythmischen Charakter bisweilen so stark, dass die ursprüngliche Liveaufnahme wie eine Kollage anmutet.
In ihrem Verlauf sind die sechs lediglich numerierten Abschnitte keineswegs statisch. Nach einer anfänglichen Orientierungsphase zieht das Tempo merklich an, begleitet von einer Steigerung der Fülle und Dichte des Materials, bis alles in einen kreisenden Strudel mündet. Weiß der Geier, was sich dort zusammenbraut, das Okkulte, das man dem Bergbau, dem Graben in unbekannten Tiefen, in früheren Zeiten nachsagte, scheint sich den Ort wieder zurückzuerobern, und Ballestrazzis Methode, aus nebensächlichen Geräuschen während der Aufnahme eindringliche Effekte zu zaubern, hat ohnehin etwas Alchemistisches.
Insgesamt ein sehr intensives, sehr räumliches Hörerlebnis, dem man sich allerdings mit der nötigen Konzentration hingeben muss, um für all die wichtigen Details empfänglich zu sein, die man im Berieselungsmodus leicht überhören könnte.
Label: Boring Machines