(r): All About Satan

Der Satan musste schon viele Platten über sich ergehen lassen, einige gute und zahllose schlechte, mitunter ganze Musikgenres, aber ganz sicher ist ihm das ziemlich egal, und ob er sich in einer der Vorstellungen über ihn – einer biblischen, einer mittelalterlichen, einer gegenaufklärerischen oder einer libertären – besonders wiedererkennt, bleibt sein Geheimnis. Es ist heute schwer, ihm ein Album zu widmen, mit dem man nicht abgedroschen wirkt, und genau genommen gibt es nur zwei Wege, dies auf die Beine zu bringen. Der eine besteht darin, alle Klischees konsequent zu bejahen, wie das am besten im erdigen Stonerdoom a la The Devil’s Blood gelingt. Ein anderer Weg besteht darin, Schrägheit, Humor und atmosphärische Düsternis derart krude zu mischen, dass daraus so etwas wie ein diabolisches Cabaret Voltaire entsteht. Zeit für den Auftritt von (r) alias Fabrizio Modonese Palumbo.

Auf eine gewisse Weise gibt “All About Satan” nicht nur das Bizarre, sondenr auch die schiere Unübersichtlichkeit des Gegenstandes wieder, denn im Verlauf des Albums reihen sich musikalische, textliche, bildliche und filmische Zitate (die nicht zwangsläufig mit dem Teufel zu tun haben müssen, mit Palumbos Idee dazu aber in Bezug gesetzt werden können) aneinander, und bei der Suche nach dem musikalischen Ort des Ganzen sieht man sich so mancher Finte ausgesetzt. Mag der kleinste gemeinsame Nenner auch die grosteske, bisweilen schalkhafte Düsternis sein, so manifestiert sich diese jedoch in äußerst welchselhafter Gestalt: schwere Drones und infernalischer Soundbrei, gruselige Kinderstimmen und grummelige Spoken Words, groovige Jazzklänge und Black Metal-Gekeife – all dies reicht sich hier die Hand, um die Gestalt des Albums in steter Transformation zu halten.

Dabei beginnt zunächst alles so trügerisch schön mit dem shmoothen Bowie-Cover “Five Years” und Palumbos Stimme, die ganz nah am Ohr und ultrarelaxt die Zeilen zu stilvollen Twangs vorträgt, doch schon dieses intime Idyll wird konterkariert durch anstrengende Backing Vocals und eher störendes Pfeifen und Rattern. Gerade die stärksten Songs leben von dieser ständigen Gratwanderung zwischen Wohlklang und Disharmonie, in der hypnotisch pulsierenden Interpretation des Klassikers “Bolero Triste” sind es unheilvolle Schleif- und Kratzgeräusche, die nach einiger Zeit jedoch mit einer groovigen Orgel verschmelzen und in eine orientalisch anmutende Melodie übergehen. Weitere atmosphäriche Highlights sind die um eine Rede aus John Boormans Film “Zadok” gebaute Perkussionsnummer “Oslide Sint Verlac Pink ” und “Moira’s Hands”, das mit einer Sopranstimme und einem pittoresken Wolkenbruch die Stimmung von Gothic Horror-Filmen a la Sergio Martino in Erinnerung rufen.

In all seinen schwierigen und grotesken Seiten ist “All About Satan” allem voran eine gelungene Kraftplatte, für die (r) und für den Feinschliff der immer zu Unrecht als Softie verschriene Jamie Steward (Xiu Xiu) Anerkennung verdienen.

Label: Cheap Satanism Records