DA-SEIN: Tautology

Ich und auch andere Kollegen haben im Laufe der Jahre immer wieder auf diesen typischen (analogen) Galakathorröklang hingewiesen, einen Sound, der –auch wenn der Grad der Drastik der einzelnen Projekte doch unterschiedlich war – zu einer gewissen Wiedererkennbarkeit führte und für den sich dann der von SPK entlehnte Begriff des Angst Pop einbürgerte. Gleichzeitig war dieser Klang ebenso wie die gewählte Gattungsbezeichnung offen genug und ließ deswegen (genug) Spielraum. Von Labelseite heißt es bezogen auf Da-Sein – ein in Madrid ansässiges und aus Kas Visions und Fernando O. Paino bestehendes Projekt  -, es sei dazu „berufen einen Platz im Galakthorrö-Kosmos einzunehmen.“ Klassischerweise debütieren neue Künstler auf dem kleinen Label mit einer 7‘-EP, so auch das Duo Da-Sein – in seinem Namen an einen deutschen Philosophen anspielend, der vor gar nicht allzu langer Zeit durch seine in schwarzen Heften versammelten Notate erneut in die Kritik geraten war und dem diese EP auch gewidmet ist.

Auf „Niebo“ hört man eine weibliche Stimme, die fast verschwimmt in dem analogen Pochen, ein Beat so regelmäßig wie ein Herzschlag. Die Stimme klingt abgeklärt, ganz so, als habe sie sich damit abgefunden, dass so etwas wie der Himmel (auf Polnisch „Niebo“) nicht zu erreichen ist. „No Return“ knüpft musikalisch daran an, hier allerdings klingt die Perkussion, mit der das Stück eingeleitet wird, metallischer. Wenn es „Come into my arms“ heißt, dann klingt diese Aufforderung im Kontext dieses Stückes mit seinen gezielt eingesetzten äußert unangenehmen Tönen nach mehr als nur einer latenten Drohung. Auf „Synthetic Blowjob“ ist die Stimme fast flüsternd, Satzfetzen lassen sich erahnen, während plötzlich im Hintergrund eine Melodie inmitten der analogen Klanglandschaft auftaucht, die dem Stück einen Moment des Melancholischen gibt. Der Abschlusstrack „Tonite“ scheint etwas ruppiger: Zischende Beats durchziehen das Stück, aber auch hier im Hintergrund Melodien – dann recht unvermittelt das Ende.

Ich habe schon an anderen Stellen mehrfach darauf hingewiesen, dass es abseits von gestalterischen und klanglichen Ähnlichkeiten auch inhaltliche Parallelen im Galakthorrö-Kosmos gibt, denn alle Künstler scheinen die Existenz (oder bezogen auf diese Veröffentlichung das Dasein) als etwas zu sehen, das Leid bereitet , hier treten Künstler als Versehrte und Verstümmelte auf, aber auch als diejenigen, die Schmerz zufügen (können) . „Tautology“ ist ein sehr starkes Debüt und ein weiterer Hinweis darauf, dass es sich bei “starke Galakthorröveröffentlichung” um das sprachliche Mittel handelt, das der EP ihren Namen gibt.  (M.G.)

Label: Galakthorrö