DREW MCDOWALL: Haecceity Deluge

Im Laufe seiner Karriere hat Drew McDowall recht unterschiedliche Musik gespielt, die – abgesehen vom punkigen Frühwerk – das im weitesten Sinne Experimentelle und Elektronische gemeinsam hat. In den letzten Jahren trat er hauptsächlich als eine Hälfte von Compound Eye in Erscheinung, und untermauerte dort seinen Ruf als exzellenter Dröhner fernab dessen, was heute Hipsterstandard ist. Daneben unterstützt er im Rahmen seiner Produzentenarbeit junge Bands und tritt mittlerweile auch verstärkt solo in Erscheinung. Auf diesen Arbeiten zeigt er, dass er nicht nur dröhnen kann, sondern diese Kunst auch in weitere musikalische Kontexte zu setzen versteht.

Sein Album „Collapse“ wurde hier bereits vorgestellt, und wer das Bild von „einem Monster aus langsam dröhnenden Synthesizern, aus Klappern, Knistern und in der Ferne (ver)hallenden Analogsounds“ und die Beschreibung als „dystopische Musik jenseits billiger Schockeffekte, die eine Menschenleere beschwört“ ansprechend fand und noch neugieriger wurde bei den Rhythmen, den merkwürdigen Stimmfragmenten und der einsamen Violine, die der Verfasser als Merkmale einer karg instrumentierten Trauerlandschaft ausmacht, dem sei auch sein vor kurzem erschienenes Tape ans Herz gelegt.

Das die erste Seite füllende „Deluge Pt. 1“ gebärdet sich gleich zu Beginn schon als äußerst doppelbödig. So leise und bedächtig das verhaltene Dröhnen beginnt, so heftig brodelt es unter der Oberfläche, peu a peu wird der Sound fülliger, subtile Rhythmen drängen nach vorn und spätestens wenn Raues, Lärmendes hinzukommt, ist offenkundig, dass man es hier nicht mit harmlosem Entspannungs-Ambient zu tun hat. Dabei ist reizvoll, dass der Rhythmus nicht durchgehend gleich bleibt, aber auch nicht einfach graduell anzieht, sondern immer mal seine Takte, seine Richtung wechselt, sich aber durch das stetig dröhnende Fundament eine gewisse Kohärenz bewahrt. Immer mehr scheppert Metallisches, bis sich in den letzten Minuten alles brachial entläd.

„Deluge Pt. 2“ betont etwas stärker das Raue, bietet zugleich aber ein etwas dezenteres Narrativ. Basslastiges Knarren lässt für Momente an Noiserock denken, doch die Intensität steigert sich zunächst eher minimal. Bisweilen tastet sich der Fluss der Klänge fast schon erratisch voran, scheint auf der Stelle zu treten, doch bei McDowall hat das nichts mit Ereignislosigkeit zu tun, sondern mit Spannung, und wenn irgendwann doch rabiatere Töne dazu kommen, wartet man regelrecht auf den großen Knall. Solche Effekte hat die Musik allerdings gar nicht nötig und endet energiegeladen mit Handdrums und den Echos ferner Detonationen.

McDowalls Name ist spätestens seit Coil jedem Freund abseitiger Elektronica ein Begriff und seit Compound Eye ein Ort auf jeder Landkarte des Drone. Wegen der im eigentlichen Sinne „rituellen“ Musik seiner Soloarbeiten, die keine prätentiösen Konzepte nötig hat, sollte sein Name künftig dicker gedruckt werden. (U.S.)

Label: Ascetic House