ANDREW LILES: Animal Magick

Nach den rund zwanzig Jahren, die Andrew Liles nun die Welt mit musikalischen und visuellen Monstrositäten bereichert, kann man durchaus ein Resümee zu der Richtung wagen, die sein bisheriges Werk genommen hat. Liles ist über die Jahre bunter, schriller und extrovertierter geworden, der Spaß an immer wieder neuen Facetten des Bizarren ist offensichtlicher, und nichts ist ihm heute fremder als das bisweilen trockene und vornehme Image der allgemein als experimentell bezeichneten Musik.

Besonders seit der Monster-Reihe, bei der er Elemente des Surrealen mit Comic Art zu einem ganz eigenen audiovisuellen Kosmos zusammenführt, ist Liles regelrecht aufgeblüht. In einem kleinen Interview, das er selbst mit Freund und Kollege David Tibet führte, sagte dieser, sein größtes Ziel sei die totale Zerstörung des Andrew Liles – ein schwieriges Unterfangen gewiss, erscheint dieser doch längst wie eine Hydra, die ständig neue seltsame Häupter sprießen lässt.

Wenn das Wort auch nicht ausdrücklich fällt, steht „Animal Magick” dieser Reihe zumindest nah, und schon die Covergestaltung, die viktorianische Tierbuchillustrationen, pseudookkulten Mumbojumbo und Liles’sche Eigenkreationen zusammenführt, lässt daran keinen Zweifel. Dem entspricht dann auch die Musik, bei der Hexenmeister Liles – auf der Basis alter Trickfilmsamples, gekonnt kollagierter Klassik-, Cabaret- und Tangosamples und natürlich exquisitem Gegrunze, Gebelle und Gequake aller Art – demonstriert, dass ihm keine Idee zu flach zum Vergolden ist:

Skurrile Walzer spielen auf zum Totentanz der knarrenden Affenskelette, flankiert, natürlich, vom hämischen Kichern unserer nächsten Verwandten, über die man nicht zu laut lachen sollte, denn sie sind in allen möglichen und unmöglichen magischen Praktiken geschult. Auf die Elefantiasis einer behäbigen Big Band, an der auch Baby Dee ihren Spaß hätte, folgt ein Köter, der (nicht ganz ohne Hilfe von Liles’ elektroakustischer Trickkiste) „Freude, schöner Götterfunken” gauzt, und wenn eine Schweinerotte einem Bariton die Schau stiehlt, denkt mancher vielleicht an Thomas Bernhards unseligen Theatermacher, dem die Schweine eines neben dem Dorftheater gelegenen Stalles sein geliebtes Stück “Das Rad der Geschichte” zergrunzt haben.

„All pigs must die!” würden da manch wild gewordene Carnivoren brüllen, aber keine Chance! Diese Schweine sind die Macht, und im Laufe der CD wird immer deutlicher, dass das hier vorgeführte Bestiarium längst kein Zoo mehr ist, sondern die Schaltzentrale der Welt, und niemand kann behaupten, dass Liles uns mit dieser Feier eines animalisch-apokalyptischen Furors nicht gewarnt hätte. (U.S.)

Label: Tourette