NOVEMBER NÖVELET: The World In Devotion

Von den minimalistischen analogen Dissonanzen, die das Debüt „More Satanic Heroes“ prägten, hat sich der Haus Arafna-Seitenableger hin zu einer von Vintagesynths geprägten minimalen, analogen und melancholischen Popmusik entwickelt und auf inzwischen drei Alben und drei EPs gezeigt, wie – Achtung! Oxymoron – zeitgemäße an der elektronischen Vergangenheit orientierte Musik klingen kann.

Die das Cover zierende Landschaft könnte auch Casper David Friedrich als Sujet gewählt habe, hier ist sie aber in ein fahles Schwarzweiß getaucht, das dem Ganzen eine Aura des Mysteriösen gibt (die Eulen sind nicht, was sie scheinen, möchte man rufen). Die Stücke selbst werden zum Teil von einer schwärzestgalligen Melancholie durchzogen, aber auch von einer Abgeklärtheit, die sich im Gesang widerspiegelt, ganz so, als habe man sich mit den Nachtseiten der menschlichen Natur nicht nur abgefunden, sondern zelebriere sie (sogar). Auch wenn November Növelet natürlich weniger brachial als Haus Arafna klangen und klingen, so waren die gewählten Themen schon immer kaum dazu geeignet, diejenigen für die Musik zu gewinnen, die die Welt gerne durch rosarote Brillen betrachten (müssen). Da konnte man den Hörer auch schon einmal im Club Misanthrophy willkommen heißen. Textlich haben sich November Növelet dem Batailleschen Heterogenen verschrieben, deklinieren auf „The World in Devotion“ erneut die Ambivalenz(en) menschlicher Beziehungen durch: Z.B. auf „Don’t Know Why I Love You“, drastischer auf „Be Grateful to Your Murderer“. Das unheimliche, reduzierte „Always“ scheint fast aus der Sicht eines Psychotikers geschrieben zu sein: „They know everything/Hear everything/See everything“. Auf dem Album taucht mehrfach der Schatten als Symbol eines verdunkelten Existierens auf: Auf „Restless“ heißt es „I’m fading from shadow to shadow“, auf dem Abschlusstrack „Fire“ „We are in existence as if we were shadows“ (die Zeile wird im Innern des Booklets aufgegriffen) und wenn letzteres Stück mit den Zeilen “We brought something into this world” beginnt, dann möchte man nicht wissen, was genau dieses etwas ist, „what rough beast, its hour come round at last“ (W.B. Yeats) den Weg in diese Welt gefunden hat.

Was zum Vorgänger auffällt, ist die musikalisch etwas stärkere Reduktion – Fokussierung könnte man auch sagen . Es gibt Stücke, da pocht der Rhythmus, wie etwa „Crying Walls“, das treibende „Restless“, auf dem die Stimme kurzzeitig das Geschlecht zu wechseln scheint, oder das Titelstück, das Hitcharakter hat (da passt es, dass es dazu ein offizielles Video gibt). Andere Stücke sind zurückhaltender, etwa „Living Perfection“ oder „Always“, bei dem fast völlig auf Rhythmus verzichtet wird, das getragene „He’s Dying Beside“ (auf dem man den Eindruck hat, dass die Synths stöhnen würden) oder „Made of Gold“, dessen Anfang an Kliniks „Sick in Your Mind“ erinnert.

Von vielen anderen Gruppen, die sich auf musikalisch verwandtem Terrain bewegen, grenzen sich November Növelet dadurch ab, dass sie sich nicht allein auf das Auratische des gewählten und bewusst eingesetzten (Retro) Instrumentariums und -klangs verlassen, sondern tolle Songs schreiben und ich bin mir sicher, dass ich an anderer Stelle schon einmal darauf hingewiesen habe, dass in einem anderen, besseren musikalischen Universum November Növelet die Charts bevölkern würden. (MG)

Label: Galakthorrö