THE DWARFS OF EAST AGOUZA: Bes

Eine Band, die aus Sam Shalabi, Alan Bishop und Maurice Louca besteht, nennt sich natürlich nur höchst ironisch Dwarfs, denn musikalisch sind die drei, die sich vor einigen Jahren eine Wohnung im Kairoer Bezirk Agouza teilten, alles andere als Zwerge. Eigentlich gab es in der Zeit gerade genug zu tun. Bishop hatte mit den Invisible Hands gerade einen würdigen Nachfolger für die Sun City Girls ins Leben gerufen, Shalabi arbeitete emsig mit dem Land of Kush-Kollektiv und Louca, der wahrscheinlich schon Ideen zu seiner künftigen Band Alif ausbrütete, hatte gerade sein Solodebüt in den Regalen stehen.

Da man sich aber ohnehin bei all diesen und weiteren Unternehmungen unter die Arme griff, bleib immer wieder Zeit zum ungezwungenen Jammen, und so waren irgendwann die Dwarfs of East Agouza geboren, eine Supergroup, in der das kreative Input aller drei gleichermaßen einfließen sollte.

Ein grooviger Bass, ein zeterndes Tenorsaxophon, eine von allerhand trikontinentalen Einflüssen geprägte Jazzgitarre und nordafrikanische Perkussion in allen möglichen und unmöglichen Variationen – wer bei diesen instrumentellen Zutaten funkige Psychedelic mit west- und nordafrikanischem Einschlag erwartet, liegt ganz richtig, doch die Musik verströmt auch den Geist leichtfüßiger Easy Listening-Musik, wie sie Mondo- und sonstige Genrefilmer in den 70ern liebten. Irgendwie passt das auch perfekt zu der titelgebenden altägyptischen Gottheit Bes, die nicht nur Beschützer der Menschen war, sondern auch ein sehr unterhaltsamer Gott mit einem Faible  – siehe Artwork – für’s Tanzen, einem Hang zur Groteske und zur Dreibeinigkeit.

Man kann „Baka of the Future“ gar nicht goutieren, ohne zumindest mit dem Fuß zu wippen, denn der repetitive Groove und die stylischen Handdrums sind so tanzbar wie das letzte Solowerk Loucas, der hier sämtliche Register seines Metiers zwischen traditionellen Rhythmen und vom Mahraganat beeinflusster Elektronik zieht. Coole Gitarrenparts und eine filmreife Mundharmonika sorgen für Kolorit, was die Musik allerdings am ehesten von jedem Easy Listening unterscheidet, ist ihre manchmal ins sperrige kippende Eindringlichkeit, wegen der man sie kaum ohne volle Aufmerksamkeit nebenbei rezipieren kann.

Bei jedem Stück und auch innerhalb jedes Stücks brechen sich neue – instrumentelle, melodische, rhythmische, harmonische – Ideen Bahn und oft leiten recht spontane Brüche neue Episoden ein. Manchmal gebärdet sich das Gitarrenspiel etwas kniedelig, just weil man es kann, dann jaulen die Saiten bluesig, weil es verdammt gut passt, dann sind arabische Einflüsse unüberhörbar, und ähnlich wie bei Shalabis Hauptband Land of Kush findet man sich in einem Kairoer Szenario wieder, das im besten Sinne einen Begriff wie polykulturell verdient. Subtile Synthietupfer und perkussive Ekstatik gehören da ebenso mit ins Bild.

Dann die zweite Scheibe: nach dem soliden Auftakt „Resinance“ das monumentale halbstündige „Museum of Stranglers“, das mit seinen Twangs und den klagenden und summenden Drones und mitreißenden Gitarrenparts so etwas wie ein Album im Album darstellt – unglaublich, denn „Bes“ wäre auch ohne dieses Finale furios gewesen. Just bei Nawa erschienen als Doppel-CD, Doppel-LP und dem obligatorischen Download. (U.S.)

Label: Nawa Recordings