STEIN URHEIM: Strandebarm

Der Begriff des Multiinstrumentalisten wird gerne voller Bewunderung verwendet, doch manchmal auch etwas zu oft, denn wer zwei Saiteninstrumente und Klavier beherrscht und sich nebenbei noch ein bisschen Handperkussion zutraut, der kann fraglos ein guter Musiker sein, sollte aber immer noch ohne den Zusatz ‘multi’ auskommen. Stein dagegen scheint in die Vielfalt der unterschiedlichsten Instrumente regelrecht verliebt zu sein, und man könnte eine halbe Rezension nur über die verschiedenen Klangerzeuger schreiben, die auf seinen aktuellen Album „Strandebarm” Verwendung finden.

Urheim ist Experte für norwegische Folkmusik und verbrachte Jahre in dem letztlich titelgebenden Ort Strandebarm wo er in der für ihre Akustik bekannte Kirche die Klangmöglichkeiten unterschiedlichster Saiteninstrumente ausprobierte. Recht schnell kamen andere Geräte dazu, Gitarren und Streichinstrumente aller Art wurden durch Horn und diverse Perkussion ergänzt, und irgendwann zeichnete sich auch eine greifbarere musikalische Richtung ab, die von französischer Musik des frühen 20. Jahrhunderts ebenso geprägt war wie von amerikanischem Ragtime und eben einheimischer traditioneller Musik.

Interessant sind aber gerade auf der eher folkigen Seite die vielen kleinen Abzweigungen, die in Richtung der unterschiedlichsten Traditionen gehen, und immer mag man sich fragen, wie sehr das beabsichtigt sein mag. An mehreren Stellen kann man Bluestakt ausmachen, der noch dem Ragtime-Einfluss geschudet sein kann, aber bisweilen erinnert der Fingerstyle auf den Gitarren an coolen Desert Rock. Aus den kreisenden, verwaschenden Soundscapes und den verwunchenen Traumsequenzen windet sich nicht nur Blues, sondern ab und an auch mal etwas heraus, das an ostasiatiche Folklore erinnert, aber so hybrid wie dieses Album ist, kann es sich auch ganz aus Zufall aus dem Zusammenwirken des Disparaten ergeben.

Die Kunst, greifbare oder scheinbar greifbare Strukturen aus einem formlosen Amalgam herauswinden zu lassen, zählt ohnehin zu Urheims Stärken, und wenn ortloses Mandolinenklingeln oder pastorales Glockenspiel den Hintergrund bildet, entsteht daraus schon mal so etwas wie ein Songansatz, bei dem Urheims Stimme im Chor schöne Melodien singt. „Oh So Nice” und Teile der beiden „Water”-Tracks sind Beispiele dafür, den Gegenpart bildet Zerfleddertes wie „Dragene over Tempelhof” oder das etwas lieblichere „Berlin Blues” – die besagte Stadt scheint bei ihm für Disharmonie zu stehen.

Abgerundet wird das ganze durch die elektronische Rahmung von Jørgen Træen, der mit modularen Synthies und diversen Effekten für Fülle und die angemessene Produktion sorgt.

Label: Hubro