UNICAZÜRN: Transpandorem

Auf ihrem 2013 erschienenen Album „Dark Earth Distillery“, das auf einer Reihe von Liveaufnahmen basierte, sieht man wie Stephen Thrower und David Knight – deren beider Stammbäume im Bereich experimenteller Musik weit verzweigt und verästelt sind und wohl keinerlei näheren Erläuterung bedürfen – auf Wasser schauen. Schon seit ihrem 2009 veröffentlichten Debüt „Temporal Bends” ist zur Beschreibung ihrer Musik immer wieder die Metapher des Meeres aufgetaucht (pardon the pun): „…like Jacques Cousteau meets HP Lovecraft twenty thousand leagues under the sea.”, schrieb das FREQ Magazine; „Temporal Bends is exactly the sort of music that I would expect to hear if I was rapidly losing consciousness in a pool of my own blood aboard a haunted submarine”, bemerkte der Kollege bei Brainwashed. Auch das Presseinfo zum neuen Album „Transpandorem“ thematisiert „tidal imagery, oceanic forms and the slow rhythms of coastal water“ als das Album strukturierende Elemente, verweist auf Throwers und Knights Wohnort nahe der Themse (im Falle von Knight) und der Küste von East Sussex (wo Thrower zusammen mit seinem Partner Ossian Brown seit einigen Jahren lebt).

Auf dem neuen Album des aus dem Improvisationsprojekt The Amal Gamal Ensemble hervorgegangenen Duos, das sich nach der Schriftstellerin und Zeichnerin Unica Zürn benannt hat, befinden sich erneut zwei lange Tracks: Auf „Breathe the Snake“ meint man Möwenschreie und Wellenrauschen zu hören. Der Track ist fortwährend in Bewegung, die einzelnen Klangschichten scheinen ineinander überzugehen, und wenn nach drei Minuten melodische Flächen langsam einsetzen, muss man unweigerlich an Ebbe und Flut denken. „Breathe the Snake” ist ein in verdichtetes und dichtes Stück, das nach zehn Minuten hektischer wird. Bleibt man bei der am Anfang thematisierten Bildlichkeit, dann hat es etwas Strudelhafttes, eine gewsse Unruhe, die an den Sturz in den Maelstrom denken lässt.

„Pale Salt Seam“, auf ein Gedicht Frederico García Lorcas anspielend (ein Autor, nach dem der jüngst verstorbene Leonard Cohen seine Tochter benannte), klingt weniger unruhig, es beginnt mit einzelnen Tönen, die von sphärischen flächigen Klängen untermalt werden. Die Elektronica scheint hier weniger auf das Meer zu verweisen als auf andere Weiten, denn die Synthesizermotive lassen „kosmische“ Assoziationen aufkommen. Von der Stimmung wird hier fast schon ein paradiesisches Geborgensein im Hörer erzeugt. Nach etwa zehn Minuten setzt ein Mellotron ein und man fühlt sich, als wohne man einem Sonnenaufgang auf einem fernen Planeten bei. Großartig. (MG)

Label: Touch