MARK FOSSON: Solo Guitar

Anders als im Fall von John Fahey oder Robbie Basho ist Mark Fossons Name außerhalb seiner amerikanischen Heimat weniger bekannt, gleichwohl er auf eine ereignisreiche Karriere von fast fünfzig Jahren zurückblickt. Der besagte Fahey war es auch, der als einer der ersten den Wert von Fossons einfachen, aber gefühlvollen Fingerstyle-Ornamenten erkannte und seine Aufnahmen eigentlich auf seinem Takoma-Label herausbringen wollte, was aber aufgrund einer Insolvenz ins Wasser fiel. Fosson, der wegen dieses Plans von Kentucky nach Kaliforniern gezogen ist, blieb an der Westküste, kollaborierte dort mit zahlreichen Musikern und gründete Bands wie die Bum Steers und Jesus in a Greyhound. Das Interesse am Solospiel hat er über die Jahre nie ganz verloren, und auf dem gerade erschienenen „Solo Guitar“ sind eine Reihe seiner Lieblingsstücke in neuen Aufnahmen zusammengestellt.

Sucht man ein Album, das trotz eher minimaler Mittel mit der Zeit eine enorme Fülle und Wandlungsfähigkeit demonstriert, dann wäre dieses hier ein Vorzeigebeispiel. Durch kleine Veränderungen in den simplen Figuren zeichnen sich Stimmungsveränderungen ab, Höhen und Tiefen, Suspense und Beruhigung charakterisieren die Stücke, in denen sich Fosson ganz ohne Vocals als famoser Erzähler entpuppt. Bei aller Vielfalt gibt es zwei Songtypen: Auf der einen Seite Stücke von ruhiger Gangart und einer freundlichen, fast tagträumerischen Stimmung wie „Miss my Baby“, die Americana-Perle „Mister Perkins“ oder „Wankomatic“, dessen Titel durch die sich überschlagenden Manierismen vielleicht ganz gut illustriert wird.

Seltener, aber umso beeindruckender, sind aufgewühlte Songs in Molltonart, die eine dunkle, mystische Stimmung entfalten und mit einigen Stücken auf Faheys „The Dance of Death and other Plantations Favorites“ mithalten können. „Blue March Improvisation“ und „Noodlin’ On The East Fork“ entführen in eine seltsame Hinterwelt und schreien geradezu nach Gesang, der das Geheimnis lüftet. Der Kracher schlechthin ist „The Creeper“, dessen leicht aggressiver Saitenanschlag eine faszinierend hypnotische Melodie entstehen lässt. Fast schade, dass dieser Song das Album eröffnet, da kein weiteres der – ebenfalls virtuosen – Stücke an dessen Intensität heranreicht. (A. Kaudaht)

Label: Drag City