FOVEA HEX: The Salt Garden II

Als vor einigen Jahren Suhrkamp die deutsche Version von A.S.Byatts Angels and Insects herausbrachte, wurden die beiden im Original zusammengefassten und lose miteinander verbundenen Novellen einzeln und mit der Gattungsbezeichnung Roman versehen veröffentlicht, was sicher damit zu tun hatte, dass -zumindest im deutschsprachigen Raum- dem Roman ein höherer Stellenwert eingeräumt als der Kurzform. Das Projekt um Clodagh Simmonds, deren Kariere in den 60ern bei Mellow Candle begann, hat eine Vorliebe für kleine (zusammenhängende) Formate, das zeigten schon die zwischen 2005 und 2007 veröffentlichten EPs der „Neither Speak Nor Remain Silent“-Trilogie. Nach dem Longplayer „Home Is Where We Used To Sing“ veröffentlichen sie mit “The Salt Garden” nun das zweite Triptychon.

Im Zusammenhang mit Fovea Hex ist immer wieder auf die große Anzahl von prominenten Mitstreitern und Bewunderern hingewiesen worden, u.a. David Lynch, Robert Fripp, Drew Daniel, Colin Potter oder Brian Eno. Letzterer attestierte Fovea Hex, sie spielten „some of the most extraordinary songs I’ve heard in years“. Letztlich ist solch ein Namedropping aber gar nicht nötig, denn Fovea Hex existieren in einem ganz eigenen Universum, in dem sich Folk und Ambient einander (an)nähern, wobei aber eine Musik entsteht, die völlig autark ist. Bezogen auf den ersten Teil von „The Salt Garden“ hieß es dann auch auf diesen Seiten: „Ihre Musik, die Begriffe wie Ambient, Folk oder experimentelle Musik überflüssig erscheinen lässt, ist erdverhaftet und zugleich entrückt, ist ebenso traumwandlerisch wie meditativ. Die meisten der getragenen Stücke haben starke Songqualitäten und sind doch von der verschwimmenden Struktur abstrakter Kompositionen. Und was in dieser Musik emotional passiert, lässt sich besser empfinden als rational erfassen.“ Diese Nichtkategorisierbarkeit ist es, die fasziniert, und die selbst dann noch da ist, wenn sich Fovea Hex einmal an traditionellen Formen versuchen. Zudem gelingt es Fovea Hex immer wieder aufs Neue, den Hörenden tief anzurühren.

Das beginnt schon mit „You Were There“, bei dem Simonds‘ Stimme von getragenen Cellos und pochenden Klängen untermalt wird. Ihr Gesang klingt oftmals im positivsten Sinne wie aus der Zeit gefallen. Der scheinbar simple Text enthält ein Moment der Abgundhaftigkeit: “I called you/I never heard a single word/and I never recalled you”. Die auf „Chained“ erzählte Geschichte scheint durchzogen von einer latenten Gewalt. Wenn am Ende bei “All Those Signs” der Chor (Laura Sheeran und Brian Eno) und Streicher einsetzen, bekommt das Stück fast etwas Hymnisches. Wie schon beim Vorgänger wird das Album mit einem Instrumental beendet: Auf „Piano Fields 1“ spielt Simmonds eine einfache Klaviermelodie. Dabei klingt die Aufnahme so verrauscht, als ob die Klänge gleich im Äther verschwänden. Auf „All Those Signs“ heißt es: „We dream our paradise/we dream all the dark away/and the bright lights on the playing field/can keep us warm tonight/and all those signs and all those fears can melt like that ice.“ Eine schöne Zusammenfassung dessen, was diese EP vermag. (MG)

Label: Headphone Dust / Die Stadt