WALKER PHILLIPS: My Love Sunday

Plötzlich taucht scheinbar aus dem Nichts ein grandioses Album auf, das völlig aus der Zeit gefallen zu sein scheint: Walker Phillips schaut auf dem Cover als melancholischer Hippie so aus, als sei mit einer Zeitmaschine aus dem Haight- Ashbury der 60er gekommen – vielleicht hat er aber auch gerade bei Lord Summerisle vorbeigeschaut. Diese ganze Ambivalenz spiegelt sich auf „My Love Sunday“ wider, einem wunderschönen (Folk-)Album, auf dem sich Gegensätze sowohl innerhalb einzelner Stücke als auch zwischen den Songs zeigen (und vielleicht auflösen).

Stimmlich bewegt sich Walker Phillips in einem Universum, in dem man sicher auch Stephen Burch (The Great Park), David Tibet und Edward Ka-Spel antreffen kann. Eröffnet wird Phillips’ Debüt von dem kurzen, pastoralen „Albion Daughter“, der Anrufung der Tochter Englands (und vielleicht auf Blakes prophetisches Buch verweisend) und des „fair fire of water“ ihrer Augen. Aber das evozierte Paradies ist nur ein scheinbares, denn gegen Ende heißt es: „Let the killing begin/Tis now the season/Some adder’s poison/Is in my heart“. Idyllisch wird es auf dem Titelstück: Dezente Perkussion, Gitarre und Flöte untermalen Zeilen wie „My love whispers/A harpsichord note upon the air“. Von der Stimmung passt auch das entspannte Grateful Dead-Cover „Rosemary“ dazu. Sehr schön ist das von gezupfter Gitarre und pastoraler Flöte durchzogene „Sorrow Came Today“. “There Are Times or Never Do See Any Other Way“ überrascht am Ende mit einer E-Gitarre. Auf „The Rain, the Tower & Other Things“ bricht „London Bridge“ – wie es in einem der bekanntesten englischen Kinderreime schon heißt – natürlich zusammen und jedwede Idylle wird durch ein leicht dissonantes Zwischenspiel aus Klavier und Orgel (auf)gebrochen: „To fly with The Birds you must/Crawl with The Worms in the dust/Swim with The Fish in the sea/Burn in The Fire never ending“. Eines der stärksten Stücke des Albums ist das psychedelische und apokalyptische „Son of Death“, zu dem es auch ein halluzinatorisches Video gibt, bei dem sicher Kenneth Anger hätte Regie führen können. „Six“ spinnt ein mythisches Panorama aus Seraphim, Heiligem Gral und Nebukadnezar (den der “cockney visionary” Blake auch einmal malte) und in dem einem Dualismus und manichäischen Gegensätzen eine Absage erteilt wird: „Who knows well The Lamb/And the Serpent by name/And calls upon Them blindly/For they both are the same“. Passenderweise schließt das Album mit „End Times“, dem längsten Stück des Albums, auf dem es heißt: “Your loves all seem like sorrows, don’t they?/That’s because we’re living in The End Times”. (MG)

Label: God’s Eye Records