TEMPLE MUSIC: Εποχές (Vol. lI)

Vor knapp zwei Jahren haben Temple Music bereits zwei Tracks, die auf rituellen Performances basierten, unter dem Titel “Εποχές”/”Epoxes” herausgebracht – Stücke, die ganz auf den jeweiligen Darbietungsort und die okkulten Implikationen des Zeitpunktes zugeschnitten waren und in ihrer musikalischen Gestalt ausladender und abstrakter ausgefallen sind als die meisten Aufnahmen, die man von ihren meist zwischen Psych Folk und Space Rock rangierenden Alben her kennt. Nach dem derben und leider viel zu wenig beachteten Studioalbum “Further, Faster, Closer, Slower” haben Alan Trench und seine Mitstreiter nachgelegt und einen zweiten Teil von “Εποχές” herausgebracht.

Teil II beinhaltet zwei längere Tracks, die unterschiedlicher nicht sein könnten, und wer auf den ersten tatsächlich Eindruck denkt, zwei verschiedene Acts zu hören, liegt genau genommen nur formal falsch. Temple Music tritt in ganz unterschiedlichen Konstellationen in Erscheinung, und auf dem von Alan Trench erstmals solo bestrittenen “Summer Dominoes” ist nicht einmal Steve Robinson vertreten – entsprechend dezent und in sich gekehrt gibt sich das Stück so auch musikalisch: Ein sachtes, hintergründiges Dröhnen kosmischer Provenienz deutet durch leichte perkussive Anschläge, geheimnisvolles Bimmeln und subtile Halleffekte immer wieder den Ausbruch an, der allerdings ausbleibt, denn hier hat v.a. das Kleine, Dezente seinen Raum.

Immer deutlicher wird die kreisende Gestalt der Dröhnung, eine berührende, leicht orientalisch anmutende Melodie windet sich ganz langsam aus dem Fundament und deutet eine mystische Entrücktheit an, und wenn irgendwann nach Momenten der systolischen Sammlung tatsächlich etwas mehr Bewegung ins Spiel kommt, ist man bei entsprechender Konzentration schon derart involviert, dass es den Fluss der Klänge nicht stört. Der Track wurde vor ein paar Jahren in Gent aufgenommen und ist ein dreilagiges Palimpsest: An der Basis schlummert Syd Barrets “Dominoes”, von dem hier nur die Orgel zu hören und die melodische Grundstruktur zu erahnen ist, darüber breitet sich als Kern des Stücks die gitarrendronige Liveversion aus, von der v.a. die Loops und Samples in den finalen Track transponiert und mit Synthies ergänzt wurden.

“Laughing in the Towers”, das vor etwa einem Jahr in einer Kirche in Gainsborough aufgenommen wurde, beginnt laut und furios und zeigt Temple Music von seiner üppigen Seite, neben Trench und Robinson sind Orchis-Sängerin Tracy Jeffery sowie Mitglieder von Language of Light und ein Kinderchor zu hören. Nach Hall und einer enormen Weite klingen die zeitweise noisigenFeedbackspuren und die gesampelten Geräusche – düstere Glocken und allerlei metallenes klappern und Rumpeln, das für Momente ein Szenario zwischen Current 93s “Dawn” und Xenakis’ “Persepolis” aufflackern lässt. Der stärkste Bruch, der in eine besinnliche Orgeldröhnung führt, wird durch lieblich Glöckchen eingeleitet, die den schönen, fast ozeanischen Charakter des restlichen Stücks einleiten. Die wellenförmig hallende Landschaft, bei der nur noch eine Ocean Drum fehlt, hat jedoch einen surrealen Twist, bei dem das Quietschen vom Gummivögeln, dunkles Gemurmel und papiernes Gefetze sind noch dessen vordergründigste Indikatoren sind. Trotz allem wirkt das Stück sehr gleitend und kontinuierlich, nur durch willkürliches Zippen bemerkt man, wie veränderlich und dynamisch das alles ist.

Mit dem zweiten Teil ist die Εποχές-Reihe nun wohl abgeschlossen, mit der Temple Music trotz einiger atmosphärischer und auch humoresker Gemeinsamkeiten demonstrieren, wie unberechenbar sie als Live-Act sein können. Selbstredent so intensiv wie ein reguläres Album. (U.S.)

Label: Sombre Sonics