TRAPPIST AFTERLAND: Insects in Amber

Wenn flüssiges Harz sich im Laufe einer sehr langen Zeit in Bernstein verwandelt, kann es passieren, dass lebende Objekte wie Pflanzen oder kleine Tiere in dem Material eingeschlossen werden und als besterhaltene Fosilien die Zeiten überdauern. Meist sind es Insekten. In vielen Kulturen, die mit Bernstein in Berührung kamen, wurden diese Fossilien zu einem Symbol für einen alternativen Blick auf das Phänomen Zeit, und bezeichnenderweise wird Trappist Afterlands neues Album mit einer kurzen Meditation über den relativen Chrakter der Zeit eröffnet. Wenn im Verlauf der zehn Stücke immer wieder Themen der Komogonie aus christlich-gnostischer Perspektive anklingen, spielt dieser Konnex zwischen Spiritualität und Wissenschaft, Relativitätstheorie und Religion zwar keine vordergründige Rolle, dient allerdings als Rahmen, der all den folgenden Worten, Klängen, Melodien und Harmonien ihre spezielle Färbum verleiht.

“Insects in Amber” knüpft musikalisch an die Alben der letzten Jahre, an die etwas eingängigere Phase seit “Afterlander” oder spätestens “God’s Good Earth” an und verknüpft einmal mehr ein meist folkiges Instrumentarium aus verschiedenen Kontinenten, verspielte Experimente und entrückten Gesang mit eingängigen Melodien, die jeden Psych- oder Dark Folk-Freund in Verzückung versetzten wird. Neben der Vielzahl an Instrumenten, die Bandchef Adam Cole selbst eingespielt hat, kommen schon bekannte Mitstreiter wie David Colohan und Anthony Cornish, dessen Frau Jodie, Neulinge im Trappist-Kosmos wie Ricky French, sowie Alan Davidson von den schottischen Kitchen Cynics zu Wort, der u.a. den Eingangsmonolog rezitiert.

In “God’s Dream”, dessen ekstatisches Strumming auf der giechischen Bouzouki und der gewohnt zisselige Trappistsound, v.a. aber die wunderbar melancholische Geangsmelodie es zu einem der mitreißendsten Stücke des Albums machen, wird die Welt in gnostischer Manier als Traum Gottes und der Akt des Träumens als Schöpfung dargestellt – ein Motivkomplex, der in einigen Stücken zur Sprache kommt: In “God’s Food”, in der über einer Klanggestalt, die fast ein wenige Velvet Underground anklingen lässt, die Frage nach der Manifestation von Wirklichkeit gestellt wird. Ebenfalls in diesen Bereich geht “Within a Dream”, das auf einem berühmten Edgar Allan Poe-Gedicht basiert. Wenn alles nur ein Traum in einem Traum ist, ist dann auch Vergänglickeit und Verlust weniger real und weniger schwer? fragt Cole mit Poe und lässt mit seinen mollastigen Vocals und dem entrückten Bouzoukispiel eine wehmütige Frage im Raum stehen. Der Sand jedenfalls rinnt aus der Hand und ist nicht aufzuhalten. In “I Will Not Ask” aus der Feder eines Mar Thomas, wird in Gebetform fast so etwas wie eine Theorie des Betens selbst aufgestellt, das als Dank und nicht als Bitte wirkungsvoll ist. Manch einen mag wundern, wie nah das gnostische Christentum z.T. an Vorstellungen ist, die man vielleicht mit dem Buddhismus und anderen außereuropäischen Arten der Spiritualität verbindet. Den Song mit dem säuselnden Sound der indischen Tanbura, einem sitarartigen Instrument, zu untermalen, mag auch dazu passen.

Einmal mehr lassen sich die Songs auch ohne den mystischen Überbau genießen, vorausgesetzt ist allerdings ein Faible für Mandolinen, Oud und Dulcitar, für Harmonium, Mellotron und Melodica und überhaupt für dunkeln, psychedelischen Folksound, der beispielsweise in dem bildreichen “Crippled Cross” auch mit rückwärtsgespielten Passagen und anderen verspielten Experimenten aufwartet oder das mit einem Gebet eingeleitete “Bishop of Arnagh” über den irischen Nationalheiligen St. Patrick. Ferner “GodDog”, das in fast unbekümmerter Spielweise die Empathie besingt, die sich zwischen Mensch und Tier abspielt und nach dem berührenden “Song for Sundog” für einen Neubeginn steht. “Song of the Pipis (A Jar of Mystics part 2)” entführt einen erneut an den zwischen Canberra und Sydney gelegenen Minnamurra oder Mystic’s Beach inmitten des Killalea Park, seine Glöckchen und der andächtige Gesang leiten über in den harmonischen Ausklang “Heirlooms in the Mist”. (U.S.)

Label: Sugarbush / Reverb Worship