PINK TURNS BLUE: Meta

Vielleicht ist Authentizität – wie unscharf der Begriff auch immer ist – als Qualitätsmerkmal überbewertet, denn in (vielen) guten Momenten gelang es dem oft theatralischen Gothic (man denke, wie Nick Fiend mit Makeup seinen Kopf in einen Schädel verwandelte oder Ian Astburys seine Affinität zu Native Americans zum Ausdruck brachte – ganz zu schweigen von den Virgin Prunes, dem staubigen Westernlook der Fields, die an expressionistische Stummfilme erinnernde Bühnenbeleuchtung bei Bauhaus oder die schier undurchdringlichen Nebelschwaden bei The Sisters Of Mercy)  existentielle Ängste in musikalisch aufregender Form zu kondensieren.

1987 und 1988 schafften es  Andrew Eldritch und Carl McCoy noch auf die Titelseiten des Spex, danach fand die Rezeption düsterer Musik hauptsächlich in den Szenemagazinen wie Zillo etc. statt und erst viele Jahre später orientierten sich im Rahmen des 80er Revivals plötzlich eine ganze Reihe junger Bands an den Originalen  und plötzlich konnte man auch als Hipster mit einem Specimen-T-Shirt reüssieren.

Die aus der Domstadt am Rhein stammende und nach einem Hüsker Dü-Stück benannte Band Pink Turns Blue debütierte 1987 mit dem großartigen Wavealbum „If Two Worlds Kiss“, spätere Alben wie „Eremite“ und insbesondere „Aerdt“ waren von einer (personellen wie musikalischen) Reduktion geprägt, rückten die Stimme noch stärker ins Zentrum und waren originelle wie ergreifende Dokumente des Schwermuts. Als die Band dann in den frühen 90ern ihren geographischen Schwerpunkt nach London verlegte und sich partiell an der Madchesterszene und britischem Indie orientierte, gingen nicht mehr alle Hörer mit und die Band löste sich schließlich auf. In der ersten Hälfte der 00er Jahre kehrten Pink Turns Blue zurück und spielten eine Reihe von Alben ein, die sich dann wieder an der Finsternis des Frühwerks orientieren.

Kürzlich wurden von Dais Records das Debüt der Band und der in Slovenien – die Band war mehrfach mit Laibach getourt – eingespielte Nachfolger „Meta“, ursprünglich 1988 erschienen, auf Vinyl wiederveröffentlicht. ´“Meta“ ist ein finsteres Album, auf dem Sänger Mic Jogwer sich im positivsten Wortsinne als Schmerzensmann präsentiert. Dabei erinnert seine Art zu singen in Passagen eher an Justin Sullivan als an Andrew Eldritch oder etwa Robert Smith (und hebt sich damit wohltuend von den ganzen Imitatoren und Plagiatoren ab). Das schleppende „The First“ eröffnet das Album. Auf “The Curse” erinnert das Gitarrenspiel an The Cure zur Zeit von „Seventeen Seconds“. „Cult Of The Beautiful“ wird von Klavier und dissonanten Passagen durchzogen. Das treibende „Your Master Is Calling“ lässt an die Chameleons denken und findet sich, ebenso wie das hymnische „Touch The Skies“, noch heute auf einer Reihe von Playlists. Auf zehn Stücken spielen Pink Turns Blue eine eigene wie eigenwillige Form dunkler Musik, präsentieren eine  “rotten world” und kommen zu dem Schluss: “you will finally fall”.

Es ist erfreulich, dass die beiden ersten Pink Turns Blue-Alben bei Dais Records eine Heimat gefunden haben, denn ihre Musik  ist dort sicher in keiner schlechten Gesellschaft und hat mit vielen der dort veröffentlichenden Künstlern mehr gemein als mit den Schlagern und dem Kirmestechno, mit denen in zunehmendem Maße die einschlägigen “schwarzen” Festivals beschallt werden und die man leicht modifiziert auch sicherlich im Bierkönig oder beim Après-Ski laufen lassen könnte. (MG)

Label: Dais Records