KONSTRUKT / KEN VANDERMARK: Kozmik Bazaar

In dem kosmischen Basar von Konstrukt und dem an Tenorsaxophon und Klarinette bewanderten Ken Vandermark wird man ohne Vorwarnung hineingeworfen, denn das erste gemeinsame Album der Istanbuler Freejazzer und ihrem Chicagoer Kollegen beginnt gleich mit einem schrillen, lauten und in aller Aufgedrehtheit groovigen Freakout, das nach eigenen Angaben als Referenz an Ornette Coleman gedacht ist und allzu gepflegte Gemüter ordentlich aufscheuchen wird.

Alle Beteiligten sind seit langem leidenschaftliche Kollaborateure, die in unzähligen Jam-Sessions gelernt haben, sehr spontan und empathisch auf die Ideen und Mechanismen ihrer z.T. renommierten Kollegen (Keiji Haino, William Parker und Thursden Moore im Fall von Konstrukt, Peter Brötzmann, Mats Gustafsson, Zu, The Ex u.v.a. bei Vandermark) einzugehen. Kein Wunder also, dass ein abwechslungsreiches Stimmungsmosaik dabei herauskam, dem auch der Begriff Basar gut zu Gesicht steht.

Im Unterschied zum aufrüttelnden Opener „Diggin’ That Harmolody“ gestalten sich einige Passagen geradezu geschmeidig. „Semazen“ lässt zu einem stimmungsvoll orientalisierenden Saxophon, das den Psychrockern La Piramide Di Sangue zur Ehre gereicht hätte, einen smoothen Basslauf erklingen, nur das spannungsgeladene Beckenrauschen deutet auf das lärmende Feedback und die WahWah-Effekte voraus, die alles in die psychedelische Entgrenzung führen. „East Of West, West Of East“, dessen Titel vielleicht auf den interkulturellen Charakter der Kollaboration und ihren Nicht-Ort verweitst, ist von ähnlich feinsinnigem Aufbau, doch die halsbrecherischen Rhythmen Berkan Tilavels absorbieren irgendwann jede Aufmerksamkeit.

Die zweite Seite enthält mit den Stücken „Ex-cess“ und „Bammm!“ das größte Spagat, denn auf verzerrte, vom Stakkato vorangepeitschte Dissonanz folgt ein aufgeräumtes dublastiges Soundbild, in das Vandermark mit der Klarinette kurze Striche zeichnet. Im abschließenden „Cocoon“ – ein Titel, der wie das Gegenstück zu einem „Kozmik Bazaar“ anmutet – deutet alles auf den finalen Sturm, vor dem alle rhythmischen und melodischen Zeichen auf Spannung stehen. Doch der letzte Ausbruch bleibt ebenso aus wie der finale Knall, und alles endet in trüber, fast entspannter Erschöpfung.

Das kann in einem Basar, zumal in einem kosmischen, immer passieren und ist verständlich ob der Vielfalt der Ereignisse und der ihr eigenen Reizintensität. Ein Basar ist aber auch ein Ort, den es immer wieder neu aufzusuchen lohnt, und so wird man mit der Zeit immer mehr in ihm entdecken können. (U.S.)

Label: Karlrecords