VIVIEN LE FAY: Ecolalia

Vivien Le Fay ist im Artusstoff ein weiblicher Wassergeist, der viele Namen hat und besonders durch die Darstellung im Gemälde Edward Burne-Jones’ die Aura einer verführerischen Femme Fatale bekam. Das Mysteriöse und Ungreifbare dieser Gestalt könnte mit ein Grund sein, warum eine Musikerin aus Neapel diesen Namen für ihr rituelles Elektronik-Projekt gewählt hat. Le Fay hat wohl Soziologie und einige ästhetische Disziplinen studiert, u.a. in Kursen bei Jodorowski. Neben ihrem offiziellen Werdegang saugte sie die kühle Emotionalität des in ihrer Musik omnipräsenten New Wave und die treibende Körperlichkeit des Hardcore ein, landete später beim Radio und beim elektronischen Sounddesign.

Das vorliegende Album, ihr erstes, hat sie mit Unterstützung von Sergio Albano (Grizzly Imploded, Amklon) und seinem abstrakten Gitarrenspiel aufgenommen und dafür gesorgt, dass sich schon im subtilen Hantieren des Openers „Eve“ ein leichter Groove abzeichnet, kurz darauf auch ein Melodiefragment, geheimnisvoll und wie eine Klarinette klagend. All dies wirkt wie aus einem Keller emporgeweht, und in betonter Beiläufigkeit intoniert ihre Stimme dann eine ungekünstelte und doch abgründige Prosa.

Die Musik auf „Echolalia“ hat in vielen Passagen eine dezente, introvertierte Seite, die aber nie undynamisch bleibt, sondern stets den Rhythmus, und sei es nur ein angedeuteter, ins Zentrum stellt – in pianoartigen Synthies, in angedeuteten Rockriffs, die an angedeutete Songstrukturen erinnern, und all dies muss nicht zwangsläufig mit Beats einhergehen, nur in besonders intensiven Momenten wie dem dramatischen Auftakt des Titeltracks, der im Uptempo durch eine desolate Welt pocht. Ambiente Elemente von fast lieblicher Melodik bilden mit dem eher kratzigen Klangbild eine kontrapunktische Ambivalenz, und über all dem entfaltet sich Le Fays Stimmbeitrag als Spoken Words, die an eine Durchsage erinnern, oder als fast Black Metal-artiges Keifen im vielschichtigen Schlusstrack „Elim“.

Dass dem Album laut Le Fay ein vielfältiges Konzept zugrunde liegt – der Titel referiert auf die Nymphe Echo, die nach einem göttlichen Fluch nur noch die Sprache ihres Geliebten wiederholen kann, die einzelnen Tracks folgen dem rituellen Muster der Zertrümmerung des Egos und der Erlangung eines höheren Bewusstseins, die an einer Textstelle beschworene Zerstörung der Menschheit zur Erneuerung der Erde erhebt dies ins Überpersönliche – kann man aus der von zahlreichen Brüchen und Wendungen geprägten Musik heraushören – so klingt „Echolalia“ auch wie ein typisches, etwas introvertiertes Debüt, aus dessen Potenzial sich noch einiges für spätere Platten heraushören lässt.

Label: Boring Machines