Der Schwede David Åhlén hat ein Thema – ob anfangs in der Indieband Mamur oder seit einer Reihe von Jahren als Solokünstker; wenn Åhlén mit fast schon fragiler Stimme, die sich oft dem Falsett annähert, Texte intoniert, wird schnell klar, worum es (ihm) geht. Der aus einer Baptistenfamilie stammende Åhlén sagte in einem Interview, das wir vor etlichen Jahren mit ihm führten: „Ich bin süchtig nach Gott – ich kann ohne seinen heiligen Geist nicht leben. Wenn ich Musik mache, mache ich es aus Verehrung.“
Wir haben dies bei Besprechungen seiner Veröffentlichungen auch immer wieder thematisiert: „Auch wenn die nun folgenden Begriffe eigentlich bei der Beschreibung von Musik zum Klischee geronnen sind, so muss doch gesagt werden, dass man von der Schönheit dieser elf Minuten (auch als Atheist) ergriffen ist”, hieß es da, an anderer Stelle konnte man lesen: „Ich will nicht ausschließen, dass einige ihre Schwierigkeiten haben werden mit der regressiv anmutenden Sehnsucht nach Erlösung durch das mehrmals angesprochene reinigende Wasser des christlichen Heils. Aber ich bin auch ganz guter Hoffnung, dass selbst unter harten Atheisten und Agnostikern einige dem Zauber dieser Kompositionen erliegen werden.”
„Schönheit“ und „Zauber“, Eigenschaften, die die obigen Besprechungen Åhléns Musik attestierten, sind gute Stichwörter, denn im Vergleich zu dem Feuer und Schwefel-Pathos des Alten Testaments, der die Arbeiten von David Eugene Edwards chrakterisiert, ist es bei Åhlén der Gott des Neuen Testaments, der jede Zeile und jeden Ton durchzieht. Man kann beliebig Passagen aus den vier Songs dieser EP herausgreifen: „Oh, Shepherd of the land/You will gather the lost /And you will feed us“, „Let your rays of light/Enter me/I’ve been caught by your love/I’m yours now “, „My soul is sick/With love for thee/Shamayim“, „And if I have you/Then I ask for nothing/In heaven and earth“. Hier wird man keinen Demiurgos finden, der einen niedermäht.
Diese EP knüpft aber nicht nur was Thematik, sondern auch was Instrumentierung, Stimme und Stimmung anbelangt, an seine vorherigen Veröffentlichungen an (das letzte Album „Hidden Light“ erschien 2016): Im Zentrum steht der Gesang, seine immer wieder aufs Neue ergreifende Stimme, als neues Element kommt dezente Perkussion dazu. Ansonsten sind die Stücke stark von Streichern geprägt, zum Teil unterstützt ihn ein Jungenchor, den Hörer auf “Shamayin“ kurzzeitig vielleicht in den Titel gebenden Himmel versetzen soll. Den Texten geht jeder appellative Gestus ab, sie wirken eher wie ein – ich weiß, ein eigentlich schreckliches Wort – authentischer Ausdruck der eigenen Haltung und Besessenheit und weniger als ein Versuch zu missionieren, sodass letztlich auch Atheisten, Anti-Theisten etc. sich der Schönheit und dem Zauber dieser 15 Minuten aussetzen können. (MG)