Mit einem Auszug aus einer „Macbeth“-Verfilmung, auf dem es heißt, dass die Bäume im Birnam Wood beginnen, sich zu bewegen und damit die Erfüllung der Prophezeiung des Macbeth erschienenen gekrönten Kindes („Macbeth shall never vanquished be until/Great Birnam Wood to high Dunsinane Hill/Shall come against him.“) einleiten, beginnt das neue Wildnisgeist-Album. Sind es in Shakespeares kürzester Tragödie aber nur die Soldaten, die zur Verschleierung ihrer Anzahl Bäume und Äste mit sich tragen,lässt sich also in dem von Hexen und Geistern erfüllten Stück eine rationale Erklärung finden, scheint es bei Wildnisgeist eher um un- bzw. paranormalere Dinge, um seltsame Begebenheiten zu gehen. Timothy Renner hat sich in den vergangenen Jahren mit seinem Podcast Strange Familiars fortlaufend mit (scheinbar) unerklärlichen Ereignissen beschäftigt, hat eine Reihe von Büchern über Big Foot etc. geschrieben und scheint tatsächlich von der Existenz paranormaler Phänomene überzeugt zu sein.
Auch die letzten beiden Stone Breath-Alben („Cryptids“ und „Witch Tree Prophets“) waren thematisch davon beeinflusst und das vor gut zwei Jahren veröffentlichte erste Wildnisgeist-Album diente dann auch bezeichnenderweise dazu, „to open a sonic gate to the unexplained“.
Der Titel „Pandemomium“ verweist auf eine schon längst verlassene und weitgehend zerstörte Stadt, die sich einmal im Tuscarora State Forest befand. Im August 2019 gingen Timothy Renner und Chad Redding dort wandern, machten Feldaufnahmen, blieben über Nacht und wurden laut Renner mit einer Reihe scheinbar unerklärlicher Phänomene konfrontiert: „We went to Pandemonium seeking ghosts. We found weird dreams of little creatures, unexplained sounds, an eerie white face staring from the woods, a rusty spring left in camp, strange lights, and much more. “
Das gut 50-minütige Album enthält einen langen Track aus Feldaufnahmen von zwitschernden Vögeln, fließendem Wasser, Zikaden, es setzen melodischen Drones ein, man hört (Holz-)Pochen, es gibt ätherisch-hell kristalline Momenten, dann scheinen Instrumente gezupft zu werden, fast so, als wolle sich inmitten der Klanglandschaft ein Song manifestieren. „Pandemomium“ ist ein in weiten Teilen gar nicht so mysteriöses als eher wunderschönes Dronealbum, dessen Atmosphäre weniger eine der Bedrohung als einer leichten Entrücktheit ist. Auch diejenigen, die wenig Resonanzraum für all die heutzutage auftretenden Spielformen des Irrationalen und der Bricolagemetaphysik haben, können also durchaus das Album mit Gewinn hören. (MG)
Label: Hand / Eye