MARIE TAKAHASHI / CEDRIK FERMONT: Vers le fourré​.​.​.

Wäre das Album “Vers le Fourre” von Marie Takahashi und Cedrik Fermont ein wortkarger Film, dann könnte er in einem mit Gestrüpp und Gräsern überwucherten Gelände beginnen. Eine subjektive Kamera, das Auge einer unbekannten Person, schleicht vorsichtig durch die langen Halme, und während man noch den spröden Grasgeruch wahrzunehmen meint, kristallisiert sich aus den ebenso spröden Summen einer Bratsche aus dem Off das Rauschen von Becken heraus. Etwas Dunkles zeichnet sich am Ende des Blickfeldes ab, das ein Teich sein könnte. Aber damit wäre sicher schon zu viel konkrete Bildlichkeit auf die subtile Musik projiziert, die fast ausschließlich auf dem Einsatz von Bratsche, Becken und Gong basiert und deren Opener “Remember That Pond” betitelt ist.

Die an Klassik und Barock geschulte Takahashi und der auch in den lärmenden Disziplinen erfahrene Fermont haben ihrem unterschiedlichen Werdegang zum Trotz eine große Gemeinsamkeit in ihrer sicheren Hand für Improvisation, was dem Album nicht nur eine Dynamik voller Spannungskurven gibt sondern auch eine erkennbare Handschrift – eine Signatur, die mit einzelnen Merkmalen nur grob umrissen wäre. Eines davon ist eine gewisse Unruhe, die wunderbar zum eher trockenen Klangbild passt und jeder Gemütlichkeit entgegen wirkt. In “Why do Fools” (eine Anspielung auf den Oldie “Whydo Fools Fall in Love”?) bricht sie sich erst mittels eines subtilen Tremolo Bahn, dann durch metallisches Klappern im Hintergrund, in “Pyotor’s Love” durch heftiges Pochen, das die titelgebende Liebe zusammen mit dem dramatischen Saitenspiel, das mittendrin auch mal ganz abrupt aussetzen kann, wie eine panische Flucht anmuten lässt. Das wird nur noch durch die aufgewühlten Freakouts von “Dorothee” getoppt, wo Gongs und Becken alles zerkloppen.

Eine weitere Besonderheit ist hier, dass die Sounds und die mit ihnen gezeichneten Figuren immer wieder einer Sprache gleichen. Das ist natürlich in den emotionaleren Stücken – am deutlichsten vielleicht im anstrengenden Gezeter von “Non ti ricordi?”, aber auch im koloritreichen “Meet you at Temple E.” – der Fall, wo die Klänge wie eine Sprache wirken, die noch frei von jeder symbolischen Struktur ist. In anderen Momenten scheinen die Instrumente die menschliche Sprache und Stimme nachempfinden, scheinen hin und her zu erörtern wie in “Skazhite pozhaluysta” oder einen Klagegesang anzustimmen wie in dem Stück, das sicher nicht zufällig “Des Larmes” (Tränen) heißt.

Es steckt immer ein gewisses Risiko darin, wenn Musiker, die sich schon lange kennen, erst nach Jahren ein gemeinsames Album aufnehmen – es kann so voll von angesammelten Ideen sein, dass das Ergebnis wie Kraut und Rüben klingt oder unter seiner eigenen Fülle zerbricht. In den eher leisen Arrangements von “vers le fourré​.​.​.” mit seiner fast durchgehenden subtilen Spannung und den gelegentlichen Ausbrüchen herrscht ein roter Faden, auch wenn man hinter jedem Titel und so manchen Sounds Anspielungen und Referenzen vermutet.

Label: Syrphe