ADAM GEOFFREY COLE: The Tracks of the Afterlander

Mit “The Tracks of the Afterlander” präsentiert der australische Psychfolker Adam Geoffrey Cole recht schnell nach dem im vorigen Herbst erschienenen “Fallowing” sein zweites Soloalbum, bei dem er von seinem langjährigen Weggefährten Anthony Cornish auf Mellotron, Harmonium und Violine begleitet wird (mit einem kleinen Gastspiel keines Geringeren als Grey Malkin, doch dazu später). Das besondere an dem Album ist seine Zweiteilung, denn neben sechs neuen Songs enthält es fünf Lieblingsstücke der beiden aus verschiedenen Aufnahmen des früheren Projektes Trappist Afterland, die der neuen, von der Instrumentierung her reduzierteren Machart angepasst sind.

Die deutlich spürbare klangliche Reduktion ist allerdings bei weitem nicht die einzige Qualität, mit der Cole den bekannten Trappist Afterland-Songs neue Interpretationen zur Seite stellt, und oft ist es lediglich eine Frage des Geschmacks, welche Version man bevorzugt. Einige der Stücke wie z.B. die hier “Joseph’s Lament” betitelte Lebensgeschichte des sogenannten Elefantenmenschen Joseph Merrick, die neue Version eines von mehreren Alben her bekannten Jesaja-Motivs in “A Man of Sorrow” oder das zu “Clay Sparrows” mutierte “Twelve Sparrows (in the Infancy of God)” von “Seaside Ghost Tales” wirken weit weniger verweht-fragil. Dass Cole den märchenhaften Song über die Kraft, die Jesus dem apokryphen Kindheitsevangelium des Thomas zufolge schon als Kind hatte, in die Gegenwart überführt, ist erfreulich, wenn man bedenkt, dass der Musiker sich im Rahmen seiner spirituellen Suche weiterentwickelt und wahrscheinlich immer wieder Stationen hinter sich lässt.

Ähnliches gilt für “From Which Burning Bush” (basierend auf “Burning Bushes” vom “SeVIIen”-Album) mit seinem noch elektrisierenderen Gitarrenspiel in berührenden Molltönen. “Godbotherings (Part 5)” dagegen ist recht nah an der vorigen Version. Eine Art Schanierstelle zu den neuen Tracks bildet das zusammen mit Grey Malkin bereits auf Single veröffentlichte “Houses on a Hill”, das mit reduzierter Elektronik eine ebenso starke Tiefe erreicht, zu der Malkin Piano und liebliches Glockenspiel beisteuert.

Die ganz neuen Stücke bilden zusammen mit den anderen eine so starke stilistische und wohl auch thematische Einheit, dass man sie auf den ersten Blick kaum einem anderen Kontext zuordnen könnte. Die Sammlung beginnt mit den zwei anrührenden Folksongs “Stars in the Appletree” und “Regeneration Sect”. Beide präsentieren religiöse Erfahrungs- und Erlebnisberichte vor schlicht-schönem Gitarrenspiel und den einlullernden Klängen eines Mellotrons. In “Fairy Asylum” ist seit längerem wieder die Oud zu hören, deren Saiten leichtfüßig angerollt kommen und doch einen geheimnisvollen Subtext anklingen lassen. Nach wie vor benutzt Cole, wie es hier hieß, eine “Sprache, die oft nur andeutungshaft um bestimmte Motive kreist”. Das ist besonders eindrucksvoll in “Fortified (Nothing Will Be Lost)”, dessen feierliche Stimmung einer tröstlichen Kontemplation über die Zeit Ausdruck verleiht.

Mit “Sea Burial” gibt es einen neuen Ausnahmesong mit dem typischen Trappist-Pathos im besten Sinne: ein ergreifender persönlicher Song, der – so gesehen ein Gegenstück zur Mutterthematik auf “Seaside Ghost Tales” – ganz dem Andenken von Coles Vater gewidmet ist und auf gewisse Weise Gebet, Nachruf und direkte Anrede in sich vereint. Es steckt etwas Ehrliches in der Ergriffenheit der Darbietung, weswegen man Cole nachsehen sollte, den Song selbst im Text als “seinen letzten” zu bezeichnen. Er wird sicher nicht sein letzter sein.

Dass “The Tracks of the Afterlander” sowohl neue als auch Trappist-Songs enthält, knüpft ein solides Band um Vergangenheit und Gegenwart und betont eine Kontinuität, die bei allen Entwicklungen der vergangenen Jahre auch musikalisch spürbar ist. Das schlägt sich auch im Titel nieder, der ja impliziert, dass hier immer noch der Afterlander spricht, die neuen Songtitel der älteren Stücke weben zudem weiter an dieser Verknüpfung. Ob Coles Musik in Zukunft reduzierter sein wird oder doch vielleicht wieder einen Schwenk zu mehr Orientalismus und Opulenz machen wird, steht angesichts seiner bisherigen Unberechenbarkeit in den Sternen. Dass die neuen Stücke nichts von der alten Tiefe vermissen lassen, spricht mehr als alles andere für das Album. (U.S.)

Label: Ramble Records