FRANCISCO LÓPEZ / DANIEL MENCHE: Sacrificed Phloem (zannec line)

Francisco López hat in den letzten Jahrzehnten mit zahlreichen meistens unbetitelten Veröffentlichungen ein aus Minimalismus und Reduktion, Knistern, sich der Stille annähenderm Knacken eine ganz eigene Klangsprache entwickelt, die auch durchaus schon einmal etwas noisiger ausfallen durfte, eine Zusammenstellung von López’ Arbeiten trug jüngst noch den Untertitel „40 years of sonogenic composition“. Menche hat aus verschiendensten Klangquellen dichte Geräuschmusik produziert; dabei dienten z.B. Körpergeräusche als Ausgangsmaterial, wie auf dem auf Side Effects veröffentlichten Album „Screaming Caress“, indonesische Gongs oder das Summen von Strommasten. Kann man auf Menches Instagramseite Bilder seines (recht kleinen) Hundes Arrow in allerlei Situationen bestaunen, gibt seine Bandcampseite einen guten Überblick über seine zahlreichen Werke, die immer wieder beeindrucken.

Bei Zusammenarbeiten von Künstlern, die beide eine sehr konsequente und charakteristische Klangsprache haben, kann es passieren, dass die Zusammenarbeit misslingt, so dass letztlich noch weniger als die Summe seiner Teile dabei herauskommt. „Sacrificed Phloem (zannec line)“ ist allerdings eine mehr als nur gelungene CD. Die Arbeitsteilung war laut Linernotes so, dass Menche die „original raw sound materials“ lieferte, die López dann „evolved, composed, mixed and mastered“.

Das knapp einstündige „Sacrificed Phloem (zannec line)“ – Phloem bezeichnet die Nährstoffleitbahn von Pflanzen – beginnt mit einen dunklen Pochen, verhallenden Schlägen; daraus entwickelt sich ein dunkles, metallisches Dröhnen, das sich temporär fast dem Dark Ambient annähert, dann Knistern, ein lautes Anschwellen, das zwischenzeitlich eine Art von Rhythmus vorgibt. In diesen Momenten ist der Track geprägt von einer gewissen Unruhe,man meint, man höre zahlreichen Zikaden zu, während es dröhnt, Sounds brechen ein, und dann plötzlich (fast) Stilel: nur noch ein entferntes Rauschen ist vernehmbar, dann ein Geräusch, so als würden Schlittschuhe über Eis kratzen. Gegen Ende setzt brutales elektronsiches, zerhacktes Gebrutzel ein, das etwas an „Cruise“ von Whitehouse erinnert, bevor der Track dann ruhiger ausklingt. Es ist sicher eine der abgegriffeneren Metaphern, wenn man davon spricht, Musik nehme einen auf eine Reise mit, aber diese unglaublich variablen wie variantenreichen 56 Minuten machen tatsächlich genau das. (MG)

Label: Drone